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Berliner Morgenpost: Eine Verpflichtung für Deutschland - Leitartikel

Berlin (ots)

Es sind Zeiten, in denen mit der Hand zu greifen
ist, welche Bedeutung Politik haben kann für das Leben der Menschen, 
für Wohl und Wehe. George Bush, Michael Gorbatschow und Helmut Kohl 
hätten ja auch anders agieren können, damals vor 20 Jahren. Erneutes 
Blutvergießen, erneutes Leid, das war nicht ausgeschlossen in dieser 
dramatischen Situation.
Aber so? Die drei, deren Verdienste gestern noch einmal hier bei uns 
in Berlin gewürdigt worden sind, haben ihren Ehrenplatz redlich 
verdient im großen Buch der Weltgeschichte. Nicht nur, weil sie uns 
Deutschen geholfen haben, wieder ein Volk zu sein. Sondern auch, weil
sie ihre Länder so klug und umsichtig geführt haben, dass die Folgen 
dieses politischen Bebens beherrschbar blieben. Es wird wichtig sein 
in den nächsten Jahren, dass die Nachfolger dieser drei ähnlich 
souverän agieren, ähnlich gelassen, aber auch ähnlich entschieden.
Bei den Verhandlungen über den schwarz-gelben Koalitionsvertrag 
konnte ja zuweilen der Eindruck entstehen, Außenpolitik und 
Diplomatie spielten keine große Rolle, sie rangierten eher unter 
ferner liefen. Dem FDP-Chef wurde geraten, sich doch lieber für ein 
anderes, ein "wichtigeres" Ressort zu entscheiden als für das 
Außenamt. Bei allem Respekt für die Untiefen der Innen- oder 
Finanzpolitik, eine solche Haltung spricht schon für sehr kleines 
Karo, der Tellerrand als unüberwindbare Hürde. Guido Westerwelle hat 
sich von derlei klugen Ratschlägen richtigerweise nicht beeindrucken 
lassen.
Gerade deshalb: Das, was wir bisher von ihm zu seinem neuen Amt, zu 
seinen Zielen, zu seiner Haltung gehört haben, ist dürftig. Der Satz,
er wolle sich um den Abzug der letzten Atomwaffen von deutschem Boden
bemühen, klingt eher anbiedernd angesichts der weiten Linien, die 
US-Präsident Obama gerade gezogen hat. Da darf gerne mehr kommen vom 
FDP-Chef. Zu tun, zu sagen, zu ändern gibt es ausreichend.
Die Europäische Union zum Beispiel, Helmut Kohls und auch Hans 
Dietrich Genschers Vermächtnis, braucht dringend neuen Impuls. Wir 
müssen noch enger zusammenarbeiten, wenn Europa Gewicht behalten soll
angesichts einer sich weiter verändernden Weltordnung. Ohne anmaßend 
zu sein, aber gerade im Angesicht der italienischen und französischen
Führungsverhältnisse, der britischen Skepsis und eines ökonomisch 
noch immer labilen Osteuropas lastet eine große Verantwortung auf den
Schultern Angela Merkels und Guido Westerwelles.
Afghanistan ist kein Feld, das allein ein Verteidigungsminister 
bestellen sollte. Der Nahe Osten. Muss man daran erinnern, dass 
gerade die FDP eine wichtige Rolle gespielt hat im Dialog mit den 
islamischen Ländern? Darin liegt doch auch eine Chance. Die ebenso 
empfindlichen wie existenziellen Beziehungen zu China: Ob 
Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, diese seltsamste aller 
Personalentscheidungen der schwarz-gelben Koalition, der Richtige 
ist, auf diesem sensiblen Feld erste Pflöcke einzuschlagen?
Wir Deutschen haben profitiert von der Weltpolitik der vergangenen 
Jahrzehnte wie kaum ein anderes Land. Das ist Glück und Verpflichtung
zugleich.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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