Berliner Morgenpost: Hoffnung trotz Enttäuschung - Leitartikel
Berlin (ots)
Die Erwartungen an den Klimagipfel in Kopenhagen waren ohnehin schon gering gewesen. Doch was die Vertreter aus 193 Nationen nun beschlossen haben, bleibt noch weit hinter den geringen Erwartungen zurück. Selbst Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) macht aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. Sie nimmt die Warnungen der Klimaforscher ernst und will die globale Erderwärmung auf zwei Grad Celsius begrenzen. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Und um dieses Ziel zu erreichen, müssen nach Berechnungen der Klimaforscher die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 mindestens halbiert werden. Eine solche drastische Reduktion aber ist nur zu erreichen, wenn sich wirklich alle Länder am Klimaschutz beteiligen. Bislang waren die Rollen auf den Klimakonferenzen immer klar verteilt. Der reiche Norden trägt eine besondere Verantwortung für den Klimaschutz, weil er seit Beginn der Industrialisierung Kohle, Öl und Gas verbrennt und damit Kohlendioxid in die Atmosphäre bläst. Der arme Süden aber muss unter den Folgen eines Klimawandels besonders leiden und fordert daher finanzielle Hilfen, um sich an die veränderten Lebensbedingungen anzupassen. Der Klimagipfel in Kopenhagen aber hat gezeigt, dass dieses einfache Muster nicht mehr funktioniert. Inzwischen stehen aufstrebende Länder wie China, Indien und Brasilien an der Schwelle zum Industrieland. China hat seit 1990 seine Emissionen von Kohlendioxid fast verdreifacht und setzt jetzt mehr frei als die USA. Da kann die Europäische Union (EU) noch so ehrgeizige Klimaschutzziele formulieren. Ohne China, Indien und Brasilien ist globaler Klimaschutz nicht mehr zu machen. Doch gerade die Chinesen lehnen es vehement ab, sich einem verbindlichen Abkommen zum Klimaschutz unterzuordnen. Und auch die USA scheuen bislang vor allzu verbindlichen Zusagen zurück. Daher waren die Verhandlungen in Kopenhagen so extrem schwierig und blieb das Abschlusspapier am Ende so vage. Gemessen an dem, was notwendig wäre, den Klimawandel zu begrenzen, ist das Ergebnis tatsächlich enttäuschend. Und doch ist die Konferenz ein kleiner politischer Hoffnungsschimmer. Denn nie zuvor sind so viele Staats- und Regierungschefs zusammengekommen, um über die Lösung eines globalen Problems zu beraten. Ohne großen Mitarbeiterstab und protokollarische Formalien haben sie miteinander gesprochen und sich zu immer neuen Runden zusammengefunden. Mit ihrer Reise nach Kopenhagen haben sie signalisiert, dass ihnen Klimaschutz wichtig ist - wenn auch aus ganz verschiedenen Motiven. So verlangen Entwicklungsländer vor allem Geld, Industrieländer hoffen durch Investitionen in klimafreundliche Technologien ihre Wirtschaft anzukurbeln. Eigentlich sollte es gelingen, die Interessen so zusammenzubringen, dass jeder profitiert. Denn nur wenn alle Länder ihre Chance erkennen, wird es gelingen, auf den nächsten Klimakonferenzen in Bonn und dann in Mexiko-Stadt den Weg für ein verbindlichen Klimaabkommen tatsächlich frei zu machen.
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