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Berliner Morgenpost: Die Bundeswehr hat alarmierende Defizite

Berlin (ots)

Zum Abschied hat der Wehrbeauftragte kräftig
hingelangt. Weil seine Berichte in den vergangenen fünf Jahren 
weitgehend auf taube Ohren gestoßen sind, hat Reinhold Robbe nun eine
schonungslose Analyse mit markigen Formulierungen bis hin zur 
Rücktrittsforderung gegenüber dem Inspekteur des Sanitätswesens 
vorgelegt. Als Anwalt der Soldaten kann und darf er sich das 
Desinteresse nicht bieten lassen.
Auch die letzte Zustandsbeschreibung des SPD-Politikers, der sein Amt
bis zuletzt klug und souverän von seiner parteipolitischen Präferenz 
zu trennen wusste, ist auftragsgemäß ein Mängelbericht. Gerichtet an 
zwei Adressaten: den Bundestag, der über die Finanzen der Bundeswehr 
und politisch über deren Einsätze entscheidet, und das 
Verteidigungsministerium, das für die Einsatzbereitschaft der 
Streitkräfte zu sorgen hat.
Das Parlament, dessen Armee die Bundeswehr ist, muss sich von ihrem 
Beauftragten einmal mehr vorhalten lassen, den Soldaten nicht das 
notwendige Geld zur Erfüllung des von den Abgeordneten selbst 
erteilten Auftrags zu bewilligen. Ein Kardinalproblem - seit Jahren 
auch von diesem Wehrbeauftragten als "Unterfinanzierung der 
Bundeswehr" kritisiert.
Dahinter kann sich das Verteidigungsministerium natürlich nicht 
verstecken. Robbe listet aus seinen persönlichen Erfahrungen bei 
Truppenbesuchen und den Beschwerdebriefen von Soldaten 
Strukturprobleme innerhalb der Bundeswehr auf, die ebenfalls seit 
Jahren weitgehend bekannt, aber durchweg in der Ablage gelandet sind.
Wenn er der Ministeriumsspitze vorhält, die Realität in den 
Streitkräften sei gekennzeichnet durch unklare Führungsstrukturen, 
Reibungsverluste, veraltete Materialplanung und eine 
überdimensionierte Bürokratie der Verantwortungslosigkeit, der 
Paragrafen offenbar wichtiger sind als die Fürsorgepflicht gegenüber 
den Soldaten, ist auch das nicht neu, wirkt sich aber zunehmend 
dramatisch aus. Denn eine solche Streitmacht ist weder besonders 
gerüstet noch motiviert, lebensgefährliche Einsätze wie in 
Afghanistan zu bestehen.
Es ist überfällig, Realitäten und damit unbequeme Wahrheiten nicht 
länger - wie unter Minister Guttenbergs Vorgänger Jung - zu 
ignorieren, um eine dominant pazifistische heimische Öffentlichkeit 
ruhigzustellen. Schon 2007 hatte eine Gruppe von Generalen im 
Ministerium eine Bilanz der Auslandseinsätze vorgelegt. Ihr Fazit 
glich dem des Wehrbeauftragten: Mangel an kohärenter Führung, 
fehlende strategische Planung, bizarre Bürokratie, politisch 
motivierte Kontrollwut.
Morgen blickt wieder alles auf den Kundus-Untersuchungsausschuss. 
Wenn sich Parlament und Ministerium nur halb so intensiv um die 
Defizite der deutschen Streitkräfte kümmern würden wie um die 
Bombardierung der von Taliban entführten Tanklaster, wäre das 
zumindest der Entschärfung der internen Bundeswehrprobleme dienlich. 
Die Soldaten warten darauf. Zu recht. Sie haben es verdient, weil sie
ihren Kopf hinhalten.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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