BERLINER MORGENPOST: Körting muss einen klaren Schnitt machen - Leitartikel
Berlin (ots)
Wie selbstgefällig hat sich der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) vor zwei Wochen gegeben. Man habe "halt mal verloren", sagte Körting Mitte Juli zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das die Besetzung des Polizeipräsidenten-Postens für fehlerhaft erklärt und ein neues Auswahlverfahren verlangt hatte. Körting wies jeden Fehler weit von sich, kündigte an, dass er Rechtsmittel gegen die Gerichtsentscheidung prüfen lasse, und erklärte wenig demütig: "Jeder hat das Recht, seine Rechtsauffassung prüfen zu lassen. Auch der Staat." Am gestrigen Dienstag hat Körting dann das getan, was schon vor 14 Tagen schlau gewesen wäre: Er gab bei der Auswahl des künftigen Berliner Polizeipräsidenten Fehler zu, verzichtete auf Einspruch gegen die Gerichtsentscheidung und kündigte ein neues Verfahren an. Richtig so. Aber leider macht Körting wieder nur einen halben Schritt. Ganz richtig und vor allem einsichtig wäre es, wenn Körting das Verfahren vollständig aufrollen würde. Also die Stelle neu ausschreiben würde, womit auch neue Bewerber - wie beispielsweise die Vizepräsidentin der Berliner Polizei, Margarete Koppers - zum Zuge kämen. Doch Körting stellt sich einmal mehr stur, er will unbedingt seinen Kandidaten Udo Hansen, selbst SPD-Mitglied, durchsetzen. Deshalb soll nach dem Willen des Innensenators jetzt - wie vom Gericht gefordert - eine Auswahlkommission die Gespräche mit den Bewerbern führen. Die Experten werden mit Hansen und mit dem unterlegenen Mitbewerber Klaus Keese, derzeit Leiter der Berliner Polizeidirektion 1, sprechen. Keese, der sich vor dem Verwaltungsgericht erfolgreich gegen das bisherige Auswahlverfahren gewehrt hatte, bekommt mit diesem Gespräch also eine neue Chance, aber mehr auch nicht. Körting wird, so kennt man ihn, alles daran setzen, dass Hansen auch aus dieser Runde als Erster hervorgeht. Es wäre deshalb besser, bei einem so wichtigen Posten in Berlin die Sache ganz neu anzugehen. Zumal in wenigen Wochen ein neues Abgeordnetenhaus gewählt wird. Es sollte die Aufgabe des nächsten Innensenators ein, dieses Amt mit einem Mann oder einer Frau seines Vertrauens zu besetzen. Keiner weiß heute, ob Körting, der kürzlich 69 Jahre alt geworden ist, auch nach der Wahl wieder zum Innensenator bestimmt wird - auch wenn er derzeit den Eindruck erweckt, dass er diese Aufgabe gerne noch fünf Jahre lang fortsetzen würde. Die Abfolge ist aber eine andere: Erst wird gewählt, dann Sondierungs- und Koalitionsgespräche geführt, dann ein Senat gebildet. Und angesichts der Umfrageergebnisse der letzten Monate ist es doch völlig offen, ob es einen Regierungswechsel zu Rot-Grün, Rot-Schwarz oder Grün-Schwarz geben wird. Die Berliner Polizisten haben einen guten Chef verdient. Einen mit Erfahrung, einen, der auch weiß, wie man mit Politikern umgeht und wie man Konflikte aushält und löst. Die Sache mit dem Nachfolger von Polizeipräsident Dieter Glietsch ist - unter Körtings Verantwortung - seit Monaten schiefgelaufen. Ein klarer Schnitt, ein neuer Anfang bei der Suche nach dem Berliner Polizeichef, ist deshalb überfällig. Und klug.
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