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BERLINER MORGENPOST: Westerwelle muss abgelöst werden
Von Richard Herzinger

Berlin (ots)

Bundesaußenminister Guido Westerwelle kann sich fürs Erste im Amt halten. Eilends stellt sich die FDP-Führung öffentlich hinter ihn, will sie doch - so kurz vor den für die sieche liberale Partei geradezu existenzentscheidenden Landtagswahlen im Mecklenburg-Vorpommern und Berlin - einen Eklat um jeden Preis vermeiden. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass eine Reihe von Köpfen der "neuen" FDP, etwa Generalsekretär Christian Lindner, Westerwelles auftrumpfende Verweigerung deutscher Unterstützung für den Nato-Einsatz und seine peinlichen Versuche, dessen entscheidende Bedeutung für den Sieg der libyschen Freiheitskämpfer herunterzuspielen, nur unter größten inneren Schmerzen ertragen haben. Ob es der Glaubwürdigkeit der FDP auf die Beine hilft, ihren irrlichternden Weltpolitiker unwidersprochen weiter gewähren zu lassen, ist allerdings fraglich. Denn von Einsicht, in der Libyen-Frage einen historischen Fehler begangen zu haben, ja auch nur von einer ernsthaften Korrektur seiner unsäglichen Kommentare nach der Einnahme von Tripolis durch die libyschen Rebellen kann bei ihm keine Rede sein. "Wir sind froh", schreibt Westerwelle in der "Welt am Sonntag", "dass es den Libyern auch mithilfe des internationalen Militäreinsatzes gelungen ist, das Gaddafi-Regime zu stürzen. Wir haben Respekt für das, was unsere Partner zur Erfüllung von Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates geleistet haben." "Auch mithilfe des internationalen Militäreinsatzes"? In Wahrheit ist es offenkundig, dass ohne das Eingreifen der Nato unter UN-Mandat die Truppen Gaddafis die Rebellen vernichtet und ein Massaker unter der aufständischen Bevölkerung in ihrer damals letzten Bastion Bengasi angerichtet hätten. Die Intervention war im Wortsinne Nothilfe in letzter Minute. Westerwelle aber nennt nicht einmal namentlich die Nato, geschweige die wichtigsten Akteure der erfolgreichen Militäroperation, die er bis zuletzt durch wirre Unheilsprophezeiungen madig zu machen versucht hatte. Westerwelles Sätze klingen, als habe sich hier jemand zähneknirschend ein widerwilliges Bekenntnis abgerungen, weil er spürte, sich sonst nicht mehr auf seinem Amtssessel halten zu können. Deutschland Schande besteht darin, sich im Libyen-Konflikt tendenziell in jenen Haufen von Eckenstehern, Bremsern und Saboteuren der Befreiung Libyens eingereiht zu haben, die Westerwelle jetzt zu "neuen Kraftzentren" der Weltpolitik verklären will. So forderte Russland noch vier Tage nach der Einnahme von Tripolis einen "Waffenstillstand" und eine Machtteilung der Rebellen mit dem Gaddafi-Regime. Deutschland hat sich damit nicht nur in der westlichen Allianz isoliert, sondern auch bei den freiheitsliebenden Kräften in der arabischen Welt diskreditiert. Zugegeben, Westerwelle ist für dieses Fiasko nicht allein verantwortlich. Geschickt versteckt sich die Bundeskanzlerin, die in letzter Instanz die Richtlinien deutscher Außenpolitik zu bestimmen hat, hinter dem hohlen Wortgeklingel ihres Außenministers. Doch da es Westerwelle war, der sich in Sachen Libyen am weitesten aus dem Fenster gelehnt hat, wäre seine überfällige Ablösung auch zugleich ein entscheidendes Signal: dass die Bundesregierung auf ihren nationalpazifistischen und neutralistischen Irrwegen nicht fortfahren will.

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