BERLINER MORGENPOST: Keine Tricksereien beim Schallschutz
Leitartikel von Christine Richter
Berlin (ots)
Es ist eine unendliche Geschichte: Der geplante Großflughafen BER hat am Mittwoch nun auch den Bundestag beschäftigt - nicht zum ersten Mal seit der peinlichen Verschiebung der Eröffnung. Diesmal musste Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) in den Haushaltsausschuss. Und sein Flughafen-Chef Rainer Schwarz durfte mit dem zuständigen Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba (CDU), in den Verkehrsausschuss. Keine angenehme Sache, denn die Kosten beim BER explodieren nach der Startverschiebung um mindestens neun Monate. Wegen der Schadensersatzforderungen - und wegen der neuen Anforderungen an den Lärmschutz. Statt der veranschlagten 2,4 Milliarden wird der schöne neue Flughafen nun wohl 4,2 Milliarden Euro kosten. Für die politisch Verantwortlichen ist das natürlich ein riesiges Problem. Das Geld müssen die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund aufbringen. Deshalb versuchen sie jetzt alles, um die prognostizierten Mehrkosten doch noch zu drücken. Und weil allein der bessere Schallschutz, zu dem das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vor zwei Wochen die Regierungen verdonnert hat, rund 600 Millionen Euro an diesen Mehrkosten ausmachen wird, soll gegen dieses Urteil jetzt geklagt werden. So hat es der Flughafen-Aufsichtsrat am vergangenen Freitag beschlossen, so hat es Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Mittwoch nochmals öffentlich verteidigt. Was für ein gigantische Fehleinschätzung. Den Politikern ist es in den letzten Monaten schon in atemberaubender Weise gelungen, aus dem für die Region so wichtigen und wertvollen Großprojekt BER eines zu machen, das in der Bevölkerung immer unbeliebter wird. Die Debatte über die Flugrouten, die völlig anders verlaufen als ursprünglich geplant, hat dazu geführt, dass viele Menschen nur noch schlecht über den BER reden. In rund 1400 Meter Höhe werden die Maschinen über den Müggelsee donnern, da ist der Ärger der Anwohner verständlich. Wenn jetzt auch noch kleinlich über den Lärmschutz gestritten wird, dann müssen sich Wowereit, Platzeck & Co nicht wundern, wenn sich immer mehr Menschen vom BER abwenden. Die Regierenden wären wahrlich klug beraten, das OVG-Urteil zu akzeptieren - auch wenn es sehr teuer wird. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie die Stimmung wird, wenn die nächste gerichtliche Instanz das Urteil bestätigt. Dann haben die politisch Verantwortlichen nicht nur die nächste juristische Niederlage erlitten, sondern auch noch das letzte Vertrauen verspielt. Beim BER, dem größten Infrastrukturprojekt in der Region, sind noch so viele Fragen offen. Es ist unklar, ob der Airport jetzt am 17. März 2013 eröffnet werden kann, ob das Terminal groß genug gebaut wurde - oder mit der Eröffnung schon zu klein ist, ob 4,2 Milliarden Euro Kosten das letzte Wort sind. Deshalb sollte in einem Punkt Klarheit herrschen: Die Menschen rund um den Flughafen bekommen den besten Lärmschutz, den es gibt. Wenigstens das.
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