BERLINER MORGENPOST: Ein Deckel für den Strompreis Jochim Stoltenberg sorgt sich um die Akzeptanz der Energiewende bei den Bürgern
Berlin (ots)
Die Euro-Krise hat uns gezwungen, in immer neuen Milliarden-Dimensionen zu denken. Nun droht die nächsthöhere Stufe. Die Energiewende in Deutschland könnte bis zu eine Billion Euro, also tausend Milliarden Euro, kosten, orakelt Bundesumweltminister Peter Altmaier. Diesen Preis für den Abschied von der Kernenergie und CO2-lastigen Kohlekraftwerken und den Verlass auf umweltfreundliche Energieträger hat er von seinen Beamten ausrechnen lassen. Allerdings mit der Einschränkung, dass die schwer vorstellbare Summe in den nächsten 20 Jahren nur fällig wird, wenn die üppigen Subventionen für Wind-, Fotovoltaik- und Biogasanlagen weiter fließen.
Der Zeitpunkt für die Präsentation der Horrorrechnung - wie realistisch sie auch sein mag - ist natürlich kein Zufall. Altmaier will mit ihr für seine Strompreisbremse werben und Druck auf die Opposition machen. Zum Wohle der Stromverbraucher, insbesondere der Normalhaushalte und mittelständischen Betriebe, die von der Ökostrom-Umlage und der daraus resultierenden drastischen Verteuerung des Stroms besonders betroffen sind. Ohne eine Preisbremse (Deckelung der Ökoumlage von derzeit 5,3 Cent pro Kilowattstunde bis Ende 2014) droht der Strom 2013 um weitere zehn Prozent teurer zu werden.
Man mag - wie die Opposition - den Vorstoß des Ministers als durchsichtiges Wahlkampfmanöver abtun. Aber das ist zu kurz gedacht. Natürlich hat Altmaier auch die Wähler im Sinn und will bei ihnen punkten. Doch es geht um mehr. Um die Akzeptanz der Energiewende. Und die bedingt, dass der Umbau nicht nur eine verlässliche Energieversorgung garantiert, sondern zugleich bezahlbar bleibt. Das will zwar auch die Opposition, ziert sich aber, vor der Wahl eine gemeinsame Lösung anzustreben. Auch aus wahltaktischen Gründen. Nach dem vertrauten Motto: der Regierung nichts Gutes gönnen.
Dass Otto Normalkunde einmal mehr das Nachsehen hat, diesmal in Form weiter steigender Strompreise, scheint die Opposition nicht zu stören. Schon jetzt stammen 23 Prozent des in Deutschland produzierten Stroms aus alternativen Quellen. Und der Ausbau zu Lande wie im Meer läuft dank der reichlichen Subventionen wie geschmiert. Aber sind alle über Jahre garantierten Vergütungen aus dem Energie-Einspeisungsgesetz EEG überhaupt noch gerechtfertigt? Zum Beispiel für die sich explosionsartig ausbreitenden Fotovoltaik-Anlagen? Das sind zudem Schönwetter- Energiespender, für die in trüben Witterungszeiten wie diesen teure konventionelle Kraftwerke als Ausfallreserve vorzuhalten sind. Oder wie kräftig können Windkraftbetreiber aus dem EEG abkassieren, wenn sie Landwirten bis zu 40.000 Euro "Miete" allein dafür zahlen, dass sie auf deren Acker ein Windrad aufstellen.
Die Energiewende gibt es nicht zum Nulltarif. Aber sie darf nicht einseitig von denen bezahlt werden, die sich am wenigsten wehren können. Wahlkampf hin, Wahlkampf her, eine Strompreisbremse muss her. Sonst wird nicht nur die Stromrechnung noch höher. Auch die Akzeptanz der Energiewende schwindet. Das darf keiner wollen.
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