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BERLINER MORGENPOST: Fatale Wirkung auf die Wähler Leitartikel von Florian Kain über den Streit um Pkw-Maut, Energiewende und Vorratsdatenspeicherung.

Berlin (ots)

Es ist fraglos ein besonderes Déjà-vu, das uns die Akteure der großen Koalition pünktlich zum Start ins neue politische Jahr bescheren. Man hätte gerne darauf verzichtet. Angela Merkel war gerade verletzt aus den Skiferien nach Berlin zurückgekehrt, da gingen manche ihrer Minister und Fachpolitiker schon aufeinander los wie Union und FDP in überwunden geglaubten Zeiten.

Beleidigungen wie "Gurkentruppe" und "Wildsau" waren bislang zwar noch nicht zu hören. Aber wer tatsächlich angenommen hatte, dass die wochenlangen Verhandlungen um den Koalitionsvertrag, in denen Union und SPD jedes Komma einzeln ausdiskutierten, Konflikte von vornherein vermeiden würden, der sieht sich im Rekordtempo eines Besseren belehrt. Seinen Anteil daran hat der neue Justizminister Heiko Maas - nicht zufällig einer der Vertrauten des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel im Kabinett. Maas hatte sich geschickt das eher nachrichtenarme Wochenende vor Dreikönig für die Verkündung seiner Botschaft ausgesucht, die Vorratsdatenspeicherung bis auf Weiteres gar nicht einzuführen. Die Union, die diesbezüglich mit der FDP eine ermüdende, vier Jahre andauernde Fehde hinter sich hat, kann das nur als Affront auffassen. Der Koalitionsvertrag ist an dieser Stelle wirklich eindeutig - und er lässt Maas, der sich offensichtlich auf Kosten des Regierungsfriedens als neuer oberster Datenschützer inszenieren will, hier eigentlich keinen Spielraum.

Eigentlich. Denn zur Wahrheit gehört auch, dass Koalitionsverträge im Regierungsalltag nicht immer das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. Am Ende zählt oft mehr, wer den längeren Atem hat. Die FDP musste das leidvoll erfahren. Genau das ist der Grund, warum die kleinen Koalitionspartner nun aus dem Stand einen Stellungskampf um die Koch- und die Kellnerrolle vom Zaun brechen. Die CSU hat mit ihren laut vorgetragenen Forderungen nach Ausnahmen beim Mindestlohn - dem sozialdemokratischen Symbolthema schlechthin - ebenfalls schon ihren Beitrag geleistet.

Mögen solche Vorstöße auch parteitaktisch erklärbar sein - in ihrer Wirkung auf den Wähler sind sie fatal. Natürlich ist die große Koalition nur ein Zweckbündnis. Aber etwas mehr Wille, sich zusammenzureißen, muss schon da sein, wenn man als seriös wahrgenommen werden will. Alles andere ist ein Konjunkturprogramm für radikale Protestparteien. Die Europawahl ist im Mai.

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