BERLINER MORGENPOST: Die grüne Erziehungsdiktatur/ Ein Leitartikel von Christine Richter
Berlin (ots)
Die Grünen geben sich gerne modern, aufgeklärt, weltoffen. Nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag sprachen sie gar davon, sie seien die neue liberale Partei in Deutschland. Doch in ihrer Geschichte, auch im Bundestagswahlkampf, haben die Grünen immer wieder gezeigt, dass sie den Menschen am liebsten vorschreiben wollen, wie diese zu leben haben. Siehe den von den Grünen geforderten Veggie-Tag in Kantinen, an denen es nur fleischloses Essen geben sollte, siehe Verbot von Plastiktüten, siehe Tempolimit 30 auf Hauptverkehrsstraßen, siehe Verbot von sogenannter Luxussanierung mit dem Einbau einer Fußbodenheizung oder eines zweiten Bades.
In Berlin hat sich am Wochenende einmal mehr der Stadtrat Jens-Holger Kirchner in diese Reihe grüner Erziehungsdiktatoren eingereiht. Vier Wochen lang, so Kirchner, solle im Mai 2015 rund um den Helmholtzplatz in Prenzlauer Berg ein Festival der Elektromobilität stattfinden - bei dem nur Tram und Elektroautos fahren dürften, alle 20.000 Anwohner aber ihre Autos entfernen müssten. "Wir wollen niemanden behindern, sondern was ausprobieren", so der Stadtrat. Ich wohne selbst am Helmholtzplatz. Niemanden behindern? Der Grünen-Mann geht offensichtlich mit geschlossenen Augen durch den Kiez: Dort gibt es mehrere Supermärkte, jede Menge kleiner und größerer Läden, Restaurants, Ärzte, Schulen, Kitas einen Seniorentreff - alle angewiesen auf Lieferverkehr und gute Erreichbarkeit. Rund um den Helmholtzplatz wohnen viele Familien, die nicht Fahrrad fahren wollen, sondern ihre Großeinkäufe mit dem Auto erledigen, die Kinder mit dem Pkw zur Schule bringen. All die Anwohner - wie auch ich -, die gerne Auto fahren, die auch im 21. Jahrhundert nicht auf diese individuelle Mobilität verzichten wollen, zahlen schon fürs Parken, nehmen all die Einschränkungen, die das Leben in der Innenstadt mit sich bringt, in Kauf. Niemanden behindern? Der Stadtrat will genau das: behindern und bevormunden.
Warum nicht ein Festival für zwei Tage, warum für vier Wochen? Auch dem Bezirksbürgermeister und anderen politisch Verantwortlichen geht Kirchners Idee diesmal zu weit. Sie wiesen den Plan strikt zurück, noch bevor er am Dienstag im Bezirksamt präsentiert wird. Richtig so.
Mit ihrer Erziehungsdiktatur vertreiben die Grünen immer mehr ihre Wähler. Auch in Berlin.
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