BERLINER MORGENPOST: Es fehlt an Vertrauen
Kommentar von Laura Réthy zur Organspende
Berlin (ots)
Kurzfassung: Das Problem liegt auch an den Orten, an denen die Organe entnommen werden. Denn zwar steigt die Zahl der Deutschen, die bereit wären, ein Organ zu spenden. Trotzdem geht die Zahl der tatsächlich gespendeten Organe zurück. Ein Widerspruch, der sich auflösen ließe - mit Zeit und Geld. In den Entnahmekliniken gibt es Beauftragte, die sich um die Organisation von Transplantationen kümmern. Sie sollen Brücken bauen zwischen Leben und Tod, mit Angehörigen in ihren wohl schwersten Stunden sprechen - all das tun sie zusätzlich zu ihrer regulären Tätigkeit als Anästhesist oder Chirurg. In einem ohnehin viel zu eng getakteten Krankenhausalltag, in dem Bürokratie und ökonomischer Zwang stetig wachsen, ist das schlicht unmöglich.
Der komplette Kommentar: Zehntausend Menschen warten in Deutschland auf das Organ eines anderen. Nie zuvor stand ihre Chance darauf so schlecht wie heute: Die Zahl der Spender ist 2017 auf das historische Tief von 797 gesunken. Dramatisch nennt der Chef der Deutschen Stiftung Organspende (DSO) die Situation. Tödlich ist sie für Tausende. Ein Grund ist sicher die zu geringe Spendenbereitschaft, die viel mit fehlendem Vertrauen zu tun hat. Denn der Tod, der eigene Körper ist eines der sensibelsten Themen überhaupt. Und da braucht es nicht einmal die Skandale der letzten Jahre, bei denen Patienten durch Manipulation auf Transplantationslisten nach oben rutschten, um Misstrauen zu schüren. Schon die bislang nicht zu beantwortende Frage: Wo genau kommt mein Organ hin?, hinterlässt bei vielen ein ungutes Gefühl, dem sie mit einem ,Nein' im Ausweis Ausdruck verleihen. Doch das Problem liegt auch an den Orten, an denen die Organe entnommen werden. Denn zwar steigt die Zahl der Deutschen, die bereit wären, ein Organ zu spenden. Trotzdem geht die Zahl der tatsächlich gespendeten Organe zurück. Ein Widerspruch, der sich auflösen ließe - mit Zeit und Geld. In den Entnahmekliniken gibt es Beauftragte, die sich um die Organisation von Transplantationen kümmern. Sie sollen Brücken bauen zwischen Leben und Tod, mit Angehörigen in ihren wohl schwersten Stunden sprechen - all das tun sie zusätzlich zu ihrer regulären Tätigkeit als Anästhesist oder Chirurg. In einem ohnehin viel zu eng getakteten Krankenhausalltag, in dem Bürokratie und ökonomischer Zwang stetig wachsen, ist das schlicht unmöglich. Eine Zahl der DSO zeigt das sehr deutlich: Von 1250 Entnahmekliniken in Deutschland meldeten 700 im vergangenen Jahr nicht eine einzige Organentnahme. Wahrscheinlich fehlte die Zeit. Und einem der Zehntausend das rettende Organ.
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