BERLINER MORGENPOST: Berlins Justiz in Personalnot - Kommentar von Ulrich Kraetzer
Berlin (ots)
Die Nachricht mochte kaum überraschen. Denn dass Straftäter aus einem Berliner Gefängnis ausbrechen, ist in den vergangenen Wochen häufiger passiert. Am Donnerstag musste Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) nun also erneut eine Flucht vermelden. Eine von vielen und nicht weiter erwähnenswert? Leider doch.
Denn zuletzt waren Gefangene aus der Anstalt in Plötzensee entkommen - aus einem vergleichsweise wenig gesicherten Gefängnis also. Nun aber konnte ein Schwerverbrecher aus der JVA Tegel entkommen. Dort sitzen Mörder ein, Vergewaltiger und notorische Gewalttäter. Tegel gilt als die am besten gesicherte Anstalt Berlins. Dass hier ein Ausbruch möglich war, verleiht der Debatte um die "Tage der offenen Tür" eine neue Dimension.
Es erscheint daher verständlich, dass die Opposition nun Behrendts Entlassung fordert. Gerechtfertigt ist die Forderung aber nicht. Denn der Ausbruch, so der jetzige Untersuchungsstand, ist wohl der Personalnot geschuldet. Diese prägt in Berlin den gesamten öffentlichen Dienst - und sie ist nicht das Werk des amtierenden Justizsenators, sondern über viele Jahre entstanden.
Im Justizvollzugsdienst ist der Mangel zudem besonders schwer in den Griff zu bekommen. Denn Berlin darf nur Bedienstete einstellen, die auch vom Land ausgebildet wurden. Quereinsteiger zu rekrutieren - wie etwa bei Lehrern - ist nicht möglich. Bis aus den zusätzlichen Stellen, die im Haushalt bereits vorgesehen sind, zusätzliche ausgebildete und einsatzbereite Mitarbeiter werden, vergehen daher Jahre.
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