BERLINER MORGENPOST: Die Revolution muss warten - Kommentar von Ulrich Kraetzer zum Milieuschutz in Berlin
Berlin (ots)
Wenn eine Volkspartei bei rund 17 Prozent herumdümpelt, muss sie Themen suchen, um ihr Profil zu schärfen. Die krisengeschüttelte SPD scheint das nun zu tun - und will mit dem Thema "bezahlbarer Wohnraum" punkten. Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh forderte kürzlich sogar eine "mietenpolitische Revolution". Das ließ aufhorchen.
Nun will die einstige Arbeiterpartei den Worten Taten folgen lassen. Die Mietpreisbremse wird verschärft. Und in Berlin sollen "Milieuschutzgebiete" künftig nicht mehr nur von den Bezirken, sondern nach dem Willen von Saleh auch vom Senat festgelegt werden.
Luxusmodernisierungen mit satten Mieterhöhungen sollen somit in der gesamten Stadt verboten werden können. Auch die Umwandlung in Eigentumswohnungen wäre stadtweit erschwert. Der Senat würde sich zudem ein berlinweites Vorkaufsrecht sichern, um Spekulationsverkäufe zu unterbinden.
Ob sich die Mietpreisspirale so bremsen ließe? Ein wenig schon. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Mieten auch in bereits bestehenden Milieuschutzgebieten kräftig gestiegen sind. Fraglich ist zudem, ob die Ausweisung stadtweiter Milieuschutzgebiete mit geltendem Recht vereinbar wäre.
Und Salehs Vorstoß wendet sich einseitig nur an die Mieter und gegen die Investoren, die Berlin so dringend braucht. Die "mietenpolitische Revolution" lässt somit auf sich warten - und auf Landesebene wäre sie ohnehin nicht durchsetzen. Denn die wichtigsten Gesetze in der Mietenpolitik fallen in die Zuständigkeit des Bundes.
Der Senat könnte sich dagegen in einem Bereich der Wohnungspolitik profilieren, in dem er auch zuständig ist und in dem noch Luft nach oben ist: Er könnte den Neubau beschleunigen. Das wäre zwar keine Revolution. Aber womöglich wirkungsvoller, als Regulierungsversuche zu präsentieren, die am Praxistest scheitern.
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