BERLINER MORGENPOST: Ein Kauf mit vielen Fragen
Leitartikel von Gilbert Schomaker zum Rückkauf von Wohnungen
Berlin (ots)
Kurzform: Je tiefer man in dieses vom rot-rot-grünen Senat geforderte Geschäft eintaucht, desto mehr Fragen gibt es. Der 920-Millionen-Euro-Immobiliendeal in Berlin wurde von einer Rechtsanwaltskanzlei begleitet, die auch in Thüringen für die dort regierende Linkspartei bei Wohnungskäufen agiert. Man kennt sich, und man schätzt sich offenbar im Rekommunalisierungslager. Man hätte mit den 920 Millionen Euro auch neue Wohnungen bauen können. Nun ist es Sache der Oppositionsparteien und des Rechnungshofs, die Wirtschaftlichkeit des Geschäfts und mögliche Hintergründe zu überprüfen. Fragen gibt es genug.
Der vollständige Leitartikel: Es ist der größte Immobilienkauf einer landeseigenen Gesellschaft in Berlin: 6000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten kauft die Gewobag in Reinickendorf und Spandau von der Ado Properties S.A. aus Luxemburg. Es sind vornehmlich ehemalige Sozialwohnungen, die früher zur vom Land Belin verkauften GSW gehörten. Entsprechend freute sich auch Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Man könne zwar die Fehler der Vergangenheit nicht wieder rückgängig machen, wohl aber den Mietern Sicherheit zurückgeben, so Lompscher. Die Mieter sind auch weitestgehend erleichtert, zurück unter das Dach einer Landesgesellschaft zu kommen. Aber bei aller Freude: Es lohnt sich ein Blick auf die Details. Da ist der Kaufpreis. 920 Millionen Euro gibt die Gewobag für den Kauf der Immobilien aus. Dass das kein Schnäppchenpreis ist, zeigt die Äußerung des bisherigen Eigentümers. Ran Laufer von Ado Properties sagte nämlich, dass zur Firmenphilosophie auch gehöre, Teile zu Bedingungen zu verkaufen, die für das Unternehmen vorteilhaft sind. Die Ado Properties wird also keinen schlechten Schnitt gemacht haben. Nur noch einmal zur Erinnerung: Die gesamte GSW mit ihren 60.000 Wohnungen war 2004 vom damaligen rot-roten Senat für 405 Millionen Euro verkauft worden, wobei die neuen Eigentümer auch Schulden von 1,5 Milliarden Euro übernahmen. 405 Millionen Euro für 65.000 Wohnungen bekam der Senat, 6000 Wohnungen kauft nun die Gewobag für 920 Millionen Euro zurück - was für ein Geschäft. Woher kommt nun das Geld für den Rückkauf? Die Gewobag verweist auf Schuldscheindarlehen und zurzeit niedrige Kredite. Es mag auf den ersten Blick gut erscheinen, jetzt zu investieren. Zumal die Gewobag offenbar durch Schuldscheine vor Kurzem 700 Millionen Euro erhalten hat. Aber diese Schulden sind da und müssen bedient werden. Es lohnt sich auch ein Blick auf die Bestände: Es handelt sich um Sozialwohnungen aus den 60er- bis 90er-Jahren. Sozialwohnungen und der angekündigte Mietendeckel sorgen dafür, dass die Gewobag die Mieten wohl kaum steigern kann. Das soll sie ja auch aus politischen Gründen nicht. Auf der Einnahmeseite kann also nicht sehr viel kommen. Und auf der Ausgabenseite? Da bleibt die Frage nach dem Sanierungsbedarf. Diese Frage muss man auch deswegen stellen, weil bei einem anderen Rückkauf - der von 1800 Wohnungen im Kosmosviertel in der Nähe des Flughafens Schönefeld - eben genau dieser hohe Sanierungsbedarf noch Folgekosten auslösen wird. Für Teile der nun erworbenen Wohnungen gibt es in der Branche den Verdacht, dass dort beim Bau Asbest verwendet wurde. Man kann nur hoffen, dass mögliche Sanierungen in den Preis miteinberechnet wurden. Denn es gibt eine Ungereimtheit: Die CDU machte am gestrigen Freitag darauf aufmerksam, dass vor Jahren ein Rückkauf der Immobilien für einen deutlich geringeren Preis vom damaligen Baustaatssekretär abgelehnt worden sei. Je tiefer man in dieses vom rot-rot-grünen Senat geforderte Geschäft eintaucht, desto mehr Fragen gibt es. Der 920-Millionen-Euro-Immobiliendeal in Berlin wurde von einer Rechtsanwaltskanzlei begleitet, die auch in Thüringen für die dort regierende Linkspartei bei Wohnungskäufen agiert. Man kennt sich, und man schätzt sich offenbar im Rekommunalisierungslager. Man hätte mit den 920 Millionen Euro auch neue Wohnungen bauen können. Nun ist es Sache der Oppositionsparteien und des Rechnungshofs, die Wirtschaftlichkeit des Geschäfts und mögliche Hintergründe zu überprüfen. Fragen gibt es genug.
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