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Berlin ist kein Selbstläufer
Leitartikel von Gilbert Schomaker

Berlin (ots)

Berlin neigt ja immer leicht zur Selbstüberschätzung. Eine tollere Stadt gibt es selbstverständlich weit und breit nicht. Wirtschaft, Kunst, Wissenschaft und Top-Sportereignisse - alles will nach Berlin. Doch jetzt kommt ein Dämpfer.

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, gibt der Region Rhein-Ruhr bei einer Bewerbung für die olympischen Spiele 2032 den Vorzug. Es stimmt, dass es in den Berliner Sportkreisen immer eher um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2036 ging. Aber die Äußerungen des DOSB-Präsidenten sind mehr als ein Fingerzeig. Hörmann sieht die Rhein-Ruhr-Region deutlich weiter bei den Vorbereitungen. Aber vor allem gibt es eine große Unterstützung von Politik, Wirtschaft und in der Bevölkerung, sich um das Sport-Großereignis zu bewerben. "In jeder der beteiligten Kommunen" registriert Hörmann eine Olympiabegeisterung. Das kann man von Berlin nicht sagen.

Es waren in den vergangenen Monaten vor allem die Vertreter des Sports, die sich für eine erneute Olympia-Bewerbung der Hauptstadt ausgesprochen hatten. In der Politik gibt es zwar einen Innen- und Sportsenator Andreas Geisel, der sich für Olympia in Berlin stark macht. Aber dann hat es sich auch schon. Bei Rot-Rot-Grün insgesamt gibt es keine oder nur geringe Sympathien für Olympia in Berlin.

Dabei hätte das Großereignis auch große Vorteile für die Stadt. Die mittlerweile in die Jahre gekommenen Sportbauten der gescheiterten Bewerbung für Olympia 2000 könnten eine Sanierung gut gebrauchen. Auch die Nachnutzung noch zu bauender Sportlerunterkünfte könnte der Stadt weiterhelfen. Denn wo während der Spiele Tausende Athleten untergebracht sind, könnten später Studenten oder Auszubildende einziehen. Auch der Wirtschaft und der Stadt insgesamt könnte ein Hinarbeiten auf ein Weltereignis ein Ziel geben. Wie groß die Sportbegeisterung in Berlin sein kann, haben Fußballweltmeisterschaften, die Finals und diverse deutsche Meisterschaften immer wieder bewiesen. Die Berliner lieben auch als Fans den Sport. Was sie nicht mögen, ist Größenwahn und Verschwendung. Zu beidem neigt man bei der Bewerbung um Olympische Spiele immer schnell. Deswegen muss ein Konzept nachhaltig sein und die Berliner mit auf den Weg nehmen. Noch ist nichts für Olympia 2032 und auch 2036 entschieden. Aber nach den Äußerungen des DOSB-Präsidenten wird es für die Hauptstadt deutlich schwieriger.

Das Votum für Rhein-Ruhr zeigt aber auch noch etwas: Berlin muss sich mehr dem Wettbewerb mit anderen Städten und Regionen stellen. Es gibt keinen Automatismus, dass alles nach Berlin kommt. Zuletzt gab es im Wirtschaftsbereich große Erfolge: Tesla will vor den Toren der Stadt eine Giga-Fabrik bauen. Siemens investiert Hunderte Millionen Euro in einen neuen Campus. Aber wer Berlins Aufschwung dauerhaft sichern will, muss weiter mit aller Kraft um Investitionen kämpfen. Die mangelnde Begeisterung der Politik für bestimmte Projekte könnte sich schnell als Hemmnis erweisen - nicht nur bei Olympia, auch beim Vorhaben, die Internationale Automobilausstellung (IAA) nach Berlin zu holen, gibt es Widerstände. Hier sind es die Grünen, die für die Automesse, trotz ihrer Veränderung hin zur Mobilitätsmesse, keine Begeisterung zeigen. Dabei könnte Berlin-Brandenburg doch zu einer Modellregion für moderne Fortbewegung werden.

In den vergangenen 20 Jahren hat die Stadt von ihrem Image profitiert. Zuzug und Zuspruch waren ihr gewiss. In den nächsten 20 Jahren muss die Politik hart daran arbeiten, den Erfolg zu verstetigen. Berlin ist kein Selbstläufer mehr.

Pressekontakt:

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Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

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