Führung geht anders
Kommentar von Joachim Fahrun zu Michael Müller
Berlin (ots)
Kurzform: Berlin blieb zunächst vage, sprach von Empfehlungen und Abwägungen im Einzelfall. Müllers Ansatz, eine einheitliche Strategie aller Bundesländer einzufordern, mag in normalen Zeiten richtig sein. Aber das Virus wartet nicht, bis sich die Länderchefs zusammengefunden haben. Der deutsche Föderalismus legt die Verantwortung für den Umgang mit der Krise Ländern und Kommunen auf. Dort sind Entscheidungen zu treffen. Bayern und NRW haben es vorgemacht, auch wenn das Vorpreschen vielleicht nicht kollegial gewesen sein mag. Müller klappert hinterher. Führungsstärke sieht anders aus.
Der vollständige Kommentar: Böse Zungen behaupten ja, in manchen Flächenländern gebe es keine Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmern. Deswegen könnten die Landeier ja leicht fordern, dass eine Stadt wie Berlin verbietet, Konzerten zu lauschen oder Sportlern zuzujubeln. Natürlich stimmt es: Das Coronavirus trifft eine Kulturmetropole, einen Kongressstandort oder eine Partystadt viel härter als das flache Land. Deshalb kann man ein gewisses Verständnis aufbringen, wenn ein Berliner Senat nicht sofort alle Register zieht, die Infektiologen empfehlen, um das Virus einzudämmen. Gleichwohl war das Lavieren des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller und seiner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (beide SPD) in den vergangenen Tagen wenig überzeugend. Entweder die Lage ist so ernst, wie es gesagt wird, oder sie ist es nicht. Aber mit dieser Einschätzung kann sich wohl kein verantwortungsbewusster Politiker zitieren lassen. Die Senatorin orakelte etwas von "italienischen Verhältnissen", die auch hier drohten. Da hätte man gedacht, es würde das ganze Arsenal ausgepackt, um zu vermeiden, dass auch in Deutschland demnächst Hunderte Menschen in überfüllten Intensivstationen sterben. Aber Berlin blieb zunächst vage, sprach von Empfehlungen und Abwägungen im Einzelfall. Müllers Ansatz, eine einheitliche Strategie aller Bundesländer einzufordern, mag in normalen Zeiten richtig sein. Aber das Virus wartet nicht, bis sich die Länderchefs zusammengefunden haben. Der deutsche Föderalismus legt die Verantwortung für den Umgang mit der Krise Ländern und Kommunen auf. Dort sind Entscheidungen zu treffen. Bayern und NRW haben es vorgemacht, auch wenn das Vorpreschen vielleicht nicht kollegial gewesen sein mag. Müller klappert hinterher. Führungsstärke sieht anders aus.
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