Stadtumbau mit System - Kommentar von Joachim Fahrun
Berlin (ots)
Wer die Gelegenheit hat, sich trotz Corona in europäischen Städten umzusehen, erkennt: Der Autoverkehr wird nicht nur in Berlin aus der Innenstadt verdrängt. Paris sperrt die Durchfahrt durchs Zentrum, weist Bus- und Radspuren aus, opfert Parkplätze für Café-Terrassen und schickt sich an, die Champs-Élysées zu einem Garten mit ein bisschen Verkehr zu machen.
Auch Warschau, Rotterdam oder Kopenhagen haben sich längst auf diesen Weg begeben und damit die Lebensqualität für Bewohner und Besucher gesteigert. Der bisweilen geäußerte Vorwurf, die rot-rot-grüne Verkehrspolitik mache Berlin zu Posemuckel, geht völlig fehl.
Im Gegenteil: Mit der Neuaufteilung des öffentlichen Raumes, dem Versuch, dem Rad- und Fußverkehr mehr Platz zu verschaffen und Betonwüsten zu entsiegeln, befindet sich die Hauptstadt in guter Gesellschaft.
Dass die Grünen mit ihren Vorstellungen einer grünen, autoarmen und klimafreundlichen Stadt vorauseilen, ist wenig überraschend. Die Skizzen, die sie von den umzugestaltenden Straßen und Plätzen präsentieren, sprechen für sich. Gegen solche heimeligen Zustände mit Grünflächen, Wasser-Planschen, Radwegen, Bänken und wenigen Autos kann eigentlich niemand etwas haben.
Entscheiden wird sich die Zukunft der Städte aber nicht an der Umgestaltung einzelner Orte, sondern daran, ob das System Stadt mit seinen vielen Bedürfnissen nach Mobilität funktioniert.
Kommen Menschen aus den Außenbezirken bequem in die City und zurück? Erreichen Lieferanten und Pflegedienste ihre Ziele? Schaffen es die Menschen in zumutbarer Zeit zu entfernteren Arbeitsplätzen? Diese Fragen müssen positiv beantwortet werden, dann ist auch mehr Idyll vor der Haustür wünschenswert - und man kann auf neue Autobahnen verzichten.
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