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Geschickte Wahl
Leitartikel von Gilbert Schomaker zu Berliner SPD-Senatoren

Berlin (ots)

Kurzform: Giffeys und Salehs Team ist durchweg von an der Realität orientierten Politikerinnen und Politikern geprägt. Die Ideologie im neuen rot-grün-roten Senat kommt von anderen: Die Linkspartei hat schon mehrmals angekündigt, dass sie eine klare linke Politik machen wird - siehe Enteignungen. Und auch die selbstbewussten Grünen werden alles dafür tun, ihre Verkehrs- und Klimaschutzpolitik durchzusetzen. Keine leichte Aufgabe für Giffey, daraus ein starkes Senats-Team zu machen.

Der vollständige Leitartikel: Franziska Giffey ist überzeugt: Ihre SPD-Senatorinnen und Senatoren sind ein starkes Team. In der Tat haben Giffey, die an diesem Dienstag zur neuen Regierenden Bürgermeisterin gewählt werden soll, und Co-SPD-Landeschef Raed Saleh ein weitgehend überzeugendes Personaltableau vorgestellt. Eines wird sofort klar: Giffey setzt auf pragmatische Politikerinnen und Politiker, die die Probleme der Stadt lösen sollen - jenseits ideologischer Debatten.

Das wird besonders an zwei Personalien deutlich: dem neuen Wirtschaftssenator und der neuen Bildungssenatorin. Stephan Schwarz soll das Wirtschaftsressort führen. 16 Jahre vertrat er als Präsident der Handwerkskammer die Belange von Dachdeckern, Malern und Co. gegenüber dem Senat. Schwarz trat auch öffentlichkeitswirksam auf. Er ist bestens in der Berliner Wirtschaft vernetzt, kennt auch die Industrie- und Handelskammer sowie viele weitere wichtige Unternehmerinnen und Unternehmer auch außerhalb von Berlin. Ein Mann aus der Wirtschaft für die Wirtschaft - das passt. Jetzt muss Schwarz zeigen, dass der immer wieder geforderte Bürokratieabbau vorangetrieben und das umständliche Nebeneinander von Bezirken und Senat angegangen wird.

Hinter der zweiten Personalie steckt eine ähnliche Idee: Astrid-Sabine Busse kommt aus dem Schulbetrieb und kümmert sich nun als Bildungssenatorin um Berlins Schulen. Seit fast 20 Jahren leitet sie die Schule in der Köllnischen Heide. Wenn Busse jetzt in die Politik wechselt, weiß sie, was ihre Entscheidungen direkt vor Ort bedeuten. Sicherlich muss sie sich noch an die Bildungsverwaltung gewöhnen. Aber Praktiker in der Bildungspolitik sind für Berlins Schulen allemal besser als Ideologen. Dass Busse aus Neukölln kommt, der politischen Heimat von Giffey, ist zudem ein Vorteil. Beide Frauen kennen sich seit Jahren, wissen auch um die Probleme eines solchen Bezirks. Einiges davon kann man sicherlich gut für eine Bildungspolitik der nächsten Jahre nutzen, gerade wenn es darum geht, beispielsweise die hohe Abbrecherquote in den Griff zu bekommen.

Die dritte Personalie überrascht kaum: Andreas Geisel, Urgestein der Berliner SPD, soll als Stadtentwicklungssenator die für Giffey so wichtige Baupolitik vorantreiben. Giffeys Ziel ist Geisels Auftrag: 200.000 Wohnungen sollen bis Ende der Legislaturperiode neu entstehen. Hier auf den Pragmatiker Geisel zu setzen, der das Amt schon einmal besaß, ist nachzuvollziehen. Zumal Geisel direkt durchstarten kann, kennt er doch die Verwaltung in- und auswendig.

Für viele Beobachter überraschend ist die Entscheidung für Iris Spranger als neue Innensenatorin. Sie übernimmt den Job von Geisel, der das nicht einfach auszufüllende Amt die vergangenen Jahre gut gemanagt hat. Giffey stellte Spranger als durchsetzungsstark dar. Das ist die ehemalige Finanzstaatssekretärin, keine Frage. Aber die innere Sicherheit war bisher nicht ihr Themenfeld. Deswegen war der Glückwunsch, den beispielsweise die Gewerkschaft der Polizei am Montag übermittelte, eher abwartend. Spranger muss schnell zeigen, dass ihr die innere Sicherheit liegt. Zudem muss sie die Bürgerämter auf Vordermann bringen.

Giffeys und Salehs Team ist durchweg von an der Realität orientierten Politikerinnen und Politikern geprägt. Die Ideologie im neuen rot-grün-roten Senat kommt von anderen: Die Linkspartei hat schon mehrmals angekündigt, dass sie eine klare linke Politik machen wird - siehe Enteignungen. Und auch die selbstbewussten Grünen werden alles dafür tun, ihre Verkehrs- und Klimaschutzpolitik durchzusetzen. Keine leichte Aufgabe für Giffey, daraus ein starkes Senats-Team zu machen.

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