Es braucht Alternativen
Kommentar von Philipp Siebert zu Abgabepflicht für Führerschein
Berlin (ots)
Kurzform: Betroffen sein werden in der Masse nicht der 45 Jahre alte Epileptiker, sondern alte Menschen, für die das Auto oft das einzige Fortbewegungsmittel ist. Auch sie müssen mobil bleiben, etwa zum Einkaufen oder zum Arzt kommen. Und nicht alle haben Kinder, die sie überall hinbringen können. Müssen diese Menschen von Amts wegen den Führerschein abgeben, muss ihnen der Staat entsprechende Alternativen bieten - auch in einer Stadt wie Berlin. Es darf keine Busse mehr geben, die nicht behindertenfreundlich sind, die sich nicht absenken oder genug Platz für Rollatoren bieten. Vor allem sollten BVG und S-Bahn für mehr Sicherheit auf ihren Linien sorgen. Denn viele alte und schwache Menschen ziehen das eigene Auto dem öffentlichen Nahverkehr genau aus diesem Grund vor.
Der vollständige Kommentar: Ärzte sollten der Führerscheinstelle mitteilen, wenn sie der Ansicht sind, dass sich ein Patient aus gesundheitlichen Gründen nicht hinter das Steuer eines Fahrzeugs setzen darf - das regte das Berliner Landgericht am Donnerstag an. Hintergrund ist das Urteil gegen einen 45-Jährigen, der sich nach Auffassung der Richter über ein solches Verbot hinwegsetzte, am Steuer einen epileptischen Anfall erlitt und durch seinen Unfall vier Menschen tötete. Gäbe es nach einer ärztlichen Diagnose einen Automatismus, an dessen Ende der Führerschein eingezogen wird, würden andere Verkehrsteilnehmer ein bisschen sicherer leben, so die Argumentation.
Der Fall, auf dessen Grundlage, das Gericht argumentierte, ist zwar relativ speziell. Im Kern hat es jedoch recht. Auch wenn der Gesetzgeber hier das hohe Gut der ärztlichen Schweigepflicht gegen die Sicherheit anderer im Straßenverkehr abwägen muss. Sollte das Votum zugunsten Letzterem ausfallen, muss sich aber auch über die Folgen Gedanken gemacht werden und vor allem darüber, wie sie abgefangen werden können.
Denn betroffen sein werden in der Masse nicht der 45 Jahre alte Epileptiker, sondern alte Menschen, für die das Auto oft das einzige Fortbewegungsmittel ist. Auch sie müssen mobil bleiben, etwa zum Einkaufen oder zum Arzt kommen. Und nicht alle haben Kinder, die sie überall hinbringen können. Müssen diese Menschen von Amts wegen den Führerschein abgeben, muss ihnen der Staat entsprechende Alternativen bieten - auch in einer Stadt wie Berlin. Es darf keine Busse mehr geben, die nicht behindertenfreundlich sind, die sich nicht absenken oder genug Platz für Rollatoren bieten. Vor allem sollten BVG und S-Bahn für mehr Sicherheit auf ihren Linien sorgen. Denn viele alte und schwache Menschen ziehen das eigene Auto dem öffentlichen Nahverkehr genau aus diesem Grund vor.
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