Ein gern gesehener Gast/Leitartikel von Chefredakteurin Christine Richter
Berlin (ots)
Es ist seine erste Auslandsreise als Monarch, und König Charles III. gelingt es in den drei Tagen, in Deutschland zu überzeugen, empathisch für den deutsch-britischen Austausch auch nach dem Brexit zu werben und ganz bewusste Zeichen zu setzen - für die Unterstützung der Ukraine, für Nachhaltigkeit und Umweltschutz, also für das große Thema unserer Zeit, für den Klimaschutz. Die Deutschen, vor allem die Berliner, die ihn zwei Tage lang in der Stadt erleben durften, die seine Reden und Auftritte in den Medien verfolgt haben, danken es ihm mit Sympathie und Herzlichkeit. Gerade in Berlin ist die Verbundenheit mit den Briten, auch mit der königlichen Familie, groß, hat Großbritannien doch als eine der drei alliierten Schutzmächte das Überleben der Stadt in den Jahren der Teilung bis 1989 gesichert.König Charles und Camilla haben sich mit dem Eintreffen in Berlin bürgernah gezeigt - so es denn angesichts der Sicherheitsanforderungen bei einem königlichen Staatsbesuch möglich ist. Sicherlich hat es geholfen, dass König Charles und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sich gut kennen und gut verstehen, auch Elke Büdenbender und Camilla gingen herzlich miteinander um. Und nach den Vorwürfen, die Harry und Ehefrau Meghan in den vergangenen Monaten gegen die Unnahbarkeit, gar die Kälte der königlichen Familie erhoben haben, zeigten sich Charles und Camilla auffallend nahbarer. Beide schüttelten viele Hände der Schaulustigen, der König hob am Brandenburger Tor gar eine Basecap eines Besuchers auf, die vor die Absperrung gefallen war. Und wer gelernt hatte, dass man keine Selfies mit dem König machen soll, kam aus dem Staunen nicht heraus - König Charles machte alles mit.Bei seiner Rede im Bundestag wurde es wie am Abend zuvor beim Staatsbankett politischer - doch auch hier überraschte König Charles wieder, als er Teile der Rede in gutem Deutsch vortrug, über Dinner for One witzelte oder sich sogar über sein Alter lustig machte: Er sei schon über 40 Mal in Deutschland gewesen, so der König. "Darin zeigt sich natürlich, wie wichtig mir unsere Beziehungen sind, aber auch, so fürchte ich, wie lange es mich schon gibt." Sympathischer geht es kaum. Zeichen setzten der König und Camilla mit dem Programm, das nach ihren Wünschen gestaltet worden war. König Charles besuchte am Donnerstag das Ankunftszentrum für Ukraine-Flüchtlinge in Tegel, traf Soldaten des 130. deutsch-britischen Pionier-Brückenbataillons in Finowfurt und schaute sich das Ökodorf Brodowin an. Ganz nach dem Motto: Seht her, das alles ist wichtig in diesen Zeiten - die Unterstützung der Flüchtlinge aus der Ukraine, die Wehrhaftigkeit Europas, der ökologische Landbau. Camilla informierte sich über ein Flüchtlingsprojekt in Neukölln und über Kindermusikprojekte der Komischen Oper. Weil auch Royals wissen, wie wichtig Integration und Bildung sind. Dass die deutsch-britische Verbundenheit trotz des Brexit vor sechs Jahren wichtig ist - für Deutschland, für Europa, das betonten der König und auch der deutsche Bundespräsident. Denn auch wenn die wirtschaftliche Zusammenarbeit schwieriger geworden ist, wenn Geldumtausch und Visumspflichten den Austausch erschweren, so wissen wir alle doch, wie wichtig ein gutes deutsch-britisches Verhältnis für Europa ist. Vor allem für den Frieden in Europa. Die Probleme, die der Brexit mit sich brachte, müssen die Politiker in beiden Ländern angehen und gemeinsame Lösungen finden. Das wird schwierig genug, denn auf beiden Seiten des Ärmelkanals läuft es politisch in diesen Tagen nicht rund. Die britische Gesellschaft ist nach dem langen Brexit-Streit tief gespalten, die wirtschaftlichen Folgekosten sind hoch, die Parteien zerstritten, die Regierung alles andere als stabil. Aber auch in Deutschland zeigt die Ampel-Regierung in diesen Tagen, wie man besser nicht regiert. Doch so groß die politischen Herausforderungen sind, so gut haben König Charles und Camilla bei ihrer ersten Auslandsreise das getan, was sie tun konnten: die Verbundenheit zwischen Großbritannien und Deutschland gefestigt, das Vertrauen gestärkt. Auf äußerst sympathische Weise.
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