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Berliner Morgenpost: Vorsicht beim Denkmalstreit

Berlin (ots)

Kurzkommentar:

Wenn es dem Frieden dient, darf der Bezirk der Plastik gerne ein paar Erklärungen an die Seite stellen. Hüten sollten wir uns vor einer Zensurdiskussion, die unliebsame Zeugnisse der Vergangenheit aus dem Stadtbild verbannen will. Werke aus früheren Zeiten dürfen nicht nach heutigen Maßstäben bewertet werden, das gilt für Filme und Bildende Kunst ebenso wie für Literatur. Erklärende Worte und eine offene Auseinandersetzung befördern eher das Nachdenken, auch über sexualisierte Gewalt.

Langfassung:

Von Joachim Fahrun

Eine barbusige Nixe zappelt in den Armen eines kräftigen, nur leicht bekleideten Fischers. "Der seltene Fang" heißt die Bronzeplastik von 1896, die seit Jahrzehnten am Wasserfall im Kreuzberger Viktoriapark steht. Nun ist das Werk von Ernst Gustav Herter zum Streitobjekt der Bezirkspolitik geworden. Nicht weil sie Nacktheit abbildet. So weit wie im US-Bundesstaat Florida, wo Michelangelos Renaissance-Meisterwerk David wegen der fein gearbeiteten Genitalien an Schulen nicht mehr betrachtet werden darf, sind wir hierzulande zum Glück noch nicht. Den Grünen-Politikerinnen, die nun Kritik an der Bronze üben, geht es um eine angebliche Verharmlosung sexualisierter Gewalt gegen Frauen.Das Fabelwesen sieht tatsächlich nicht glücklich darüber aus, dass es der Menschenmann aus dem Wasser gefischt hat. Insofern wird der Nixe offensichtlich Gewalt angetan. Daraus aber ein Gutheißen von Übergriffen gegen Frauen zu konstruieren, ist ziemlich weit hergeholt. Das Motiv ist eher ein Zeugnis aus einer prüden Zeit, in der es nicht unüblich war, den Menschen nackte Tatsachen in Gestalt von Göttinnen oder Phantasiewesen darzubieten.Wenn es dem Frieden dient, darf der Bezirk der Plastik gerne ein paar Erklärungen an die Seite stellen. Hüten sollten wir uns vor einer Zensurdiskussion, die unliebsame Zeugnisse der Vergangenheit aus dem Stadtbild verbannen will. Werke aus früheren Zeiten dürfen nicht nach heutigen Maßstäben bewertet werden, das gilt für Filme und Bildende Kunst ebenso wie für Literatur. Erklärende Worte und eine offene Auseinandersetzung befördern eher das Nachdenken, auch über sexualisierte Gewalt.

Pressekontakt:

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Telefon: 030/887277 - 878
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