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Berliner Morgenpost/Neue, heiße Arbeitswelt/Leitartikel von Jan Dörner

Berlin (ots)

Ob kurze Hosen oder Siesta: Gute Ideen gegen Hitze sind gefragt

Eine Pause mitten am Arbeitstag? Auf die spanische Siesta haben im europäischen Norden viele lange Zeit mit spöttisch gekräuselten Augenbrauen geblickt. Heute schauen wir selbst in die heiße Sommersonne: Je höher und je häufiger in diesen Breitengraden die Anzeige des Thermometers in den roten Bereich klettert, desto mehr Verständnis gibt es bei uns für die südländische Auszeit am Mittag. Es ist keine Sommerlochdebatte, sich angesichts des Klimawandels Gedanken über die neue, heiße Arbeitswelt zu machen.

Die Corona-Pandemie hat das Berufsleben gerade erst schon einmal ordentlich umgekrempelt. In vielen Branchen ist das Homeoffice - zumindest für einen Teil der Arbeitswoche - Normalität. Was in der Pandemie dem Infektionsschutz diente, hat weiterhin viele Vorteile: Zahlreiche Jobs sind durch das Arbeiten von zu Hause besser zu vereinbaren mit der Familie, dem Handwerkerbesuch oder unserer Freizeit. Der Klimawandel dürfte das Arbeiten in bestimmten Berufen ebenfalls verändern - allerdings kaum zum Guten.

In den kommenden Jahren wird Prognosen zufolge die Anzahl der Hitzetage zunehmen, an denen Temperaturen von deutlich über 30 Grad zu erwarten sind. Betroffen sind davon in erster Linie Jobs, die schon in der Pandemie nicht von dem Rückzug ins Homeoffice profitierten: Es geht um Mitarbeiter der Müllabfuhr und der Straßenreinigung, Beschäftigte in der Landwirtschaft und der Gastronomie, Arbeiter auf dem Bau, Fahrer von überhitzten Bussen. Die Mülltonne leert sich nicht vom Homeoffice aus, wenn die Hitze den Asphalt aufweicht. Es geht um Jobs, die körperliche Arbeit bedeuten - und das häufig im Freien. Und es geht um Jobs, mit denen meist nicht das große Geld zu verdienen ist. Arbeitgeber, Gewerkschaften und Politik müssen jetzt Konzepte entwerfen, wie sich diejenigen Beschäftigten vor den Gefahren des Klimawandels schützen lassen.

Wer sich an den besonders heißen Tagen zum Arbeiten weder in das abgedunkelte Arbeitszimmer zu Hause zurückziehen noch ins gekühlte Büro gehen kann, für den können sehr hohe Temperaturen gesundheitsschädlich sein und im Ernstfall zu Sonnenstich, Hitzschlag oder sogar zum Tod führen. Mit großer Hitze nimmt die Gefahr von Unkonzentriertheit und somit von Arbeitsunfällen zu. Lange direkte Sonnenbestrahlung steigert zudem das Risiko von Hautkrebs.

Es muss nicht gleich die offiziell ausgerufene Siesta sein, aber in die Randzeiten verschobene Arbeitszeiten und somit auch längere Pausen am Mittag oder kürzere Schichten sind durchaus eine Möglichkeit. Ebenso gelockerte Kleidervorschriften - wieso sollten Polizeibeamte auf Streife keine kurzen Uniformhosen tragen dürfen? Unternehmen können ihre Beschäftigten zu Trinkpausen aufrufen, Sonnencreme verteilen, Sonnenbrillen, Kopfbedeckungen oder gegen UV-Strahlung schützende Arbeitskleidung ausgeben.

Wo machbar, können sich Firmen um Schatten an Arbeitsplätzen im Freien bemühen. Schließlich sollte darüber diskutiert werden, ob körperlich besonders beanspruchende Arbeit bei Gluthitze auch einmal ausfallen muss. In der Debatte ist Sachlichkeit gefordert, auch in Zukunft werden die Temperaturen an den allermeisten Tagen des Jahres in einem Bereich liegen, in dem Arbeit im Freien pro­blemlos möglich ist. Außerdem ist Kreativität bei der Suche nach praktikablen Lösungen gefragt. Die wird der Klimawandel uns ohnehin in immer mehr Lebensbereichen abverlangen.

Pressekontakt:

BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

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