Berliner Morgenpost: Grausames Experiment
Kommentar von Dirk Hautkapp
Berlin (ots)
Kranke Schweine, Katzen und Hunde werden mit der Methode nicht eingeschläfert. Weil Tierärzte sie für zu grausam halten. Für den wegen eines 35 Jahre zurückliegenden Mordes verurteilten Kenneth Eugene Smith soll der vom Staat für Donnerstag angeordnete Tod durch Aufsetzen einer Maske, die Stickstoff statt Sauerstoff in seine Lungen strömen lässt, aber "unbedenklich", "schmerzfrei" und "human" sein. So hat die Justiz im US-Bundesstaat Alabama entschieden.
Ohne jeden Beweis. Weil die Tötung via "Nitrogen Hypoxia" in Amerika bisher noch nie bei Menschen zum Einsatz kam. Wie zynisch das Verfahren ist, weiß Pastor Jeff Hood. Der häufig in Todeskammern Beistand leistende Geistliche musste eine Verzichtserklärung unterschreiben. Sollte sich an Smiths Maske der Schlauch lösen und Stickstoff austreten, könnte er binnen Sekunden bewusstlos werden.
Das ist nicht der einzige Skandal. Die staatlichen Henker in Alabama haben 2023 drei Hinrichtungen verpfuscht. Eine davon war Smith. Er wurde stundenlang mit der Giftspritze traktiert. Aber man fand keine passende Vene. Ein zweiter Tötungsversuch verstößt gegen die Verfassung, sagen seine Anwälte und zogen vor den Obersten Gerichtshof in Washington. Ohne große Hoffnungen.
Seit Ex-Präsident Donald Trump dem Supreme Court eine ideologisch-konservative 6:3-Schlagseite verpasst hat, gehen Last-minute-Aufschübe bei der Vollstreckung rapide zurück. Von 26 Gesuchen wurden im vergangenen Jahr 25 abgelehnt. All das hätte man sich bei Kenneth Eugene Smith sparen können, ja müssen. Elf von zwölf Geschworenen plädierten in seinem Prozess auf lebenslange Freiheitsstrafe. Ein Richter, einzigartig in den USA, hat sie überstimmt.
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