Berliner Morgenpost: Kommentar - Innere Sicherheit
Berlin (ots)
Der liberale Rechtsstaat, der die umfassenden Freiheitsrechte seiner Bürger zu garantieren und gleichzeitig vor Missbrauch zu bewahren hat, steht immer vor einer schwierigen Güterabwägung, wenn es darum geht, individuelles Recht eingrenzen zu müssen, um die Bevölkerung vor schwersten Straftaten zu schützen. Diese latente Gratwanderung zwischen so viel Freiheit wie möglich einerseits und größtmöglicher Sicherheit für die Bürger andererseits wird im Kampf gegen Schwerstkriminalität sowie den internationalen Terrorismus zu einer extremen Herausforderung. Das wird gerade wieder deutlich an der von der Bundesregierung geplanten Ausweitung des so genannten großen Lauschangriffs. Statt sich auf die vom Bundesverfassungsgericht erteilten verschärften Auflagen beim Abhören von Wohnungen zu beschränken, sieht der vorgelegte Gesetzentwurf sogar noch eine Ausweitung des Rechts, an des vermeintlich bösen Nachbarn Wand zu lauschen, vor. Wenn künftig auch Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte, Journalisten und selbst Geistliche unter bestimmten Voraussetzungen belauscht werden dürfen, beginnt der Rechtsstaat, sich selbst in Frage zu stellen. Dieser Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) gehört in den Reißwolf, nicht auf den Kabinettstisch. Ihr forscher Kabinettskollege Innenminister Otto Schily holte sich bereits gestern eine Abfuhr bei einem anderen großen Plan. Die Innenminister der Länder wiesen den Vorschlag zurück, Deutschlands Sicherheitsdienste unter Schilys Oberaufsicht zu konzentrieren. Im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus, dessen Bedrohung auch für unser Land von der Mehrheit der Bürger leider noch immer unterschätzt wird, reichte es nur zu einem Teilerfolg. Aber es ist einer geworden, der sich sehen lassen kann und der überfällig ist. Endlich soll eine bundesweite Datei mit Informationen über islamistische Terroristen und deren aktiven Mitläufer aufgebaut werden. Zusammen mit dem ebenfalls beschlossenen zentralen Lage- und Analysezentrum in Berlin besteht die Hoffnung, Informationsdefizite und mangelnden Datenaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes zu schließen. Die sicherste Abwehr gegen terroristische Anschläge bleibt die Aufklärung im Vorfeld. Die Kieler Beschlüsse haben die Voraussetzungen dafür wesentlich verbessert.
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