Berliner Morgenpost: Kommentar - Mahnmal
Berlin (ots)
Die Deutschen und ihre Geschichte, das ist ein wahrlich schwieriges Kapitel. Entsprechend kompliziert ist die Kultur des Erinnerns an die guten, vor allem aber an die dunklen Zeiten der Vergangenheit. Wie schwer sich die Deutschen tun mit dem Gedenken an das, was insbesondere die Juden während der Nazi- Herrschaft erleiden mussten, hat sich gebündelt noch einmal in der jahrelangen Diskussion über Sinnhaftigkeit und architektonische Ausgestaltung des Holocaust- Mahnmals neben dem Brandenburger Tor im Herzen Berlins widergespiegelt. Auch unter diese Debatte ist noch kein Schlussstrich gezogen. Doch sie hat sich versachlicht und je weiter das Stelenfeld des Architekten Peter Eisenman wächst, desto größer wird die Erwartung, ja die Neugier auf die endgültige Wirkung dieses zentralen Orts der Mahnung, aus der Geschichte zu lernen. Gestern war Richtfest. Kein Grund zum Feiern. Aber Anlass, einmal mehr über die Sinnhaftigkeit dieses Mahnmals nachzudenken, das den Völkermord an den europäischen Juden unauslöschlich in Erinnerung rufen soll, sich aber an die Deutschen richtet, auf dass sich ein solcher Rassenwahn nie wiederhole. Ein solcher Ort könne kein freundlicher, es müsse geradezu ein herausfordernder, ein sperriger sein, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Thierse zu Recht. Am 9. Mai, einen Tag nach dem 60. Jahrestag des Kriegsendes, soll das Mahnmal eröffnet werden. Dann wird sich erweisen, ob die Deutschen diesen Ort der stillen Trauer, der Mitverantwortung und des Lernens als solchen auch tatsächlich annehmen. Nach allem vorherigen Streit ist das zu hoffen. Zu befürchten bleibt, dass die unausrottbare Neonazi- Szene auch vor diesem Mahnmal nicht Halt machen wird. Dann sind einmal mehr die Demokraten herausgefordert. Sie müssen an die Stelle von Bannmeilen oder Schutzzäunen treten. Mit dem Jüdischen Museum, dem Holocaust- Mahnmal und irgendwann der Topographie des Terrors auf dem Gelände der ehemaligen Zentrale von SS, SD und Gestapo neben dem Gropius Bau gibt es in Berlins Mitte drei ganz unterschiedliche, sich aber ergänzende Gedenkstätten. Sie können freilich authentische Orte des Schreckens nicht ersetzen. Das einstige KZ Sachsenhausen, gleich hinter der Berliner Stadtgrenze, ist so einer. Nirgends wird Geschichte erfahrbarer als dort.
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