Berliner Morgenpost: Kommentar - Olympia/Van Almsick
Berlin (ots)
Franziska van Almsick war den vierjährigen Weg der Entbehrungen nach Athen gegangen, weil ihr nach 21 harten Jahren im Chlorwasser und zwölf in der Weltspitze noch etwas fehlte: olympisches Gold. Am Ende gab es keine Medaille, sondern bittere Tränen der Enttäuschung. Es war der letzte Auftritt von van Almsick bei einem großen Wettkampf. Und am Ende bleibt ein Makel in ihrer sportlichen Vita: Die olympische Goldmedaille, das Größte in der Karriere eines jeden Sportlers, hat die Berlinerin nicht gewonnen. Der große Traum es noch einmal allen Kritikern und vor allem sich selbst zu zeigen, ging gestern in Athen baden. Trotzdem machen es sich all diejenigen zu leicht, die jetzt die sportlichen Nachruf formulieren und dabei das Bild von einer Schwimmerin nachzeichnen, deren hohe Ziele mit den tatsächlichen Leistungen nicht Schritt halten konnten. Auch wenn der fünfte Platz von Athen enttäuscht hat, bleibt eine einzigartige Karriere. Mit Franziska van Almsick tritt eine Athletin ab, die in einem Atemzug mit Boris Becker oder Steffi Graf genannt werden muss. Eine Sportlerin, die Massen begeistert, polarisiert und mobilisiert hat. Ein echter Superstar geht. Einer der wenigen, die Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten hervorgebracht hat. Schade nur, dass der Abgang so kläglich war. Ein Ende das Fragen aufwirft. Sicher hat die Franzi der Nation ihren Leistungszenith überschritten. Sicher fehlt ihr im Unterschied der Vergangenheit die Fähigkeit, in den entscheidenen Momenten noch einmal alle Kräfte zu mobilisieren. Wenn sie allerdings selbst einräumt, dass sie an dem enormen Druck gescheitert ist, muss man sich fragen, wozu es in ihrem Umfeld geschulte Betreuer gibt, die sich mit der psychologischen Vorbereitung der Berlinerin befassen. Außerdem hat es Trainer Warnatzsch offenbar nicht geschafft, seinen Schützling auf den Punkt genau auf das große Ziel richtig vorzubereiten. Auch wenn Franziska van Almsick letztendlich die alleinige Verantwortung für ihre Leistung trägt, wirft ihr Abschneiden einen weiteren Schatten auf den deutschen Schwimmverband. Ein Verband, dessen Verantwortliche offenbar nicht nur mit ihren Fehleinschätzungen der Leistungsstärke ihrer Athleten zum desolaten Abschneiden der deutschen Schwimmer bei den olympischen Spielen beigetragen haben.
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