Berliner Morgenpost: Kommentar - Asien/Beben
Berlin (ots)
Das Gefühl noch einmal davongekommen zu sein, ist eine Erfahrung, die jeder von uns schon einmal gemacht hat. In einer solchen Situation werden wir kleinlaut und demütig. Je nachdem, wie existentiell die Erfahrung war, danken wir unserem Schöpfer oder den Menschen, die uns vor dem Schlimmsten bewahrt haben. Aber auch diejenigen, die von einer existentiellen Situation noch nicht betroffen waren, beginnen zu begreifen, welches Glück sie bisher hatten. Ihnen wird bewußt, wie sehr wir alle von Naturgewalten und technischen Mängeln, aber auch von eigener Unzulänglichkeit und Fahrlässigkeit bedroht sind. Solche Erfahrungen machen nachdenklich, sie sollten aber auch unsere Herzen öffnen. Die Sturzflut der Wellen, die in den frühen Morgenstunden des 2.Weihnachtsfeiertages ganze Landstriche der Anrainerstaaten des Indischen Ozeans unter sich begrub, hatte apokalyptische Ausmaße: Tausende von Menschen wurden in den Wassermassen begraben, von einstürzenden Mauern erschlagen, Familien wurden auseinandergerissen. Paradiesische Strände und Landschaften verwandelten sich in kürzester Zeit in Orte des Grauens. Die Bilder in den Medien zeigen uns Menschen, die Hilfe brauchen: vor Ort, um sie mit dem Allernötigsten zum Leben, zum Überleben auszustatten: Wasser, Nahrungsmittel, Kleidung und vor allem Medikamente und fachkundige Betreuung. Aber schon in Kürze wird es um mehr gehen, um neue Lebensgrundlagen für die Überlebenden. Die UNO hat bereits das größte Hilfsprogramm ihrer Geschichte angekündigt; viele Länder, darunter auch die Bundesrepublik Deutschland, werden helfen. Aber wir sollten es nicht den nationalen und internationalen Organisationen allein überlassen. Wenn wir davon überzeugt sind, daß wir in einer globalen Welt leben, dann sollten wir in dieser schweren Stunde Solidarität üben mit den Menschen in Indonesien, Sri Lanka, Indien, den Malediven, kurzum überall dort, wo sich die Naturkatastrophe auswirkte. Jeder von uns sollte im Rahmen seiner Möglichkeiten zu einer Spende bereit sein und damit zum Ausdruck bringen, daß wir auf unserem Planeten Erde nur gemeinsam leben können, selbst dann, wenn wir das Gefühl haben sollten, noch einmal davongekommen zu sein.
ots-Originaltext: Berliner Morgenpost
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