All Stories
Follow
Subscribe to Technische Universität Darmstadt

Technische Universität Darmstadt

TU Darmstadt: Reparaturmechanismus von Tumorzellen gezielt ausschalten

Reparaturmechanismus von Tumorzellen gezielt ausschalten

„Nature“-Veröffentlichung unter Beteiligung der TU Darmstadt

Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 – auch bekannt als „Brustkrebs-Gene“ – stehen im Zusammenhang mit erblich bedingtem Brustkrebs und anderen Krebserkrankungen. Ein Forschungsteam der TU Darmstadt, der University of California und der University of Texas hat Reparaturprozesse in BRCA2-mutierten Tumorzellen untersucht und konnte neue Erkenntnisse für die Entwicklung neuer oder die Verbesserung bestehender Krebstherapien gewinnen. Die Ergebnisse wurden im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature Cell Biologie (NCB) veröffentlicht.

Unsere Erbinformation ist in der DNA gespeichert, die in jeder Zelle des Körpers vorhanden ist. Durch verschiedene innere und äußere Einflüsse kommt es täglich zu zahlreichen Schädigungen der DNA. Diese werden normalerweise von der Reparaturmaschinerie unseres Körpers behoben. Ist diese gestört, kann Krebs entstehen.

Der schwerwiegendste DNA-Schaden ist der so genannte Doppelstrangbruch, bei dem das DNA-Molekül komplett durchtrennt ist. Bereits ein Doppelstrangbruch kann zum Absterben der Zelle führen, wenn er unrepariert verbleibt oder fehlerhaft repariert wird. Einer der beiden Hauptmechanismen der Zelle zur Reparatur von Doppelstrangbrüchen ist die Homologe Rekombination. Dafür sind die Gene BRCA1 und BRCA2 essentiell. Sind diese Gene in einem Tumor mutiert, ist dessen DNA-Reparaturmechanismus gestört.

Im Rahmen einer Krebsbehandlung werden durch Chemotherapie oder Strahlentherapie gezielt Doppelstrangbrüche in den Krebszellen erzeugt, um diese dadurch möglichst vollständig abzutöten. BRCA2-mutierte Zellen können nun jedoch nicht den „üblichen“ Weg der Homologen Rekombination nutzen, um Doppelstrangbrüche zu reparieren, sondern sind auf alternative Reparaturmechanismen angewiesen. Ein vielversprechender, neuer Ansatz für die Therapie BRCA2-mutierter Tumore könnte darin bestehen, diese alternativen Mechanismen gezielt zu hemmen. Da BRCA2 nur in den Tumorzellen mutiert ist, hätte dieser Ansatz den großen Vorteil, dass die Tumorzellen gezielt abgetötet würden. Die gesunden Zellen wären davon aber nicht betroffen, da diese noch über ein funktionales BRCA2-Gen verfügen und Doppelstrangbrüche somit über den Weg der Homologen Rekombination beheben können. Leider sind die in BRCA2-mutierten Zellen ablaufenden alternativen Reparaturmechanismen für eine gezielte Hemmung momentan aber noch nicht genau genug verstanden.

Einen speziellen alternativen Reparaturmechanismus in BRCA2-mutierten Zellen hat die Arbeitsgruppe von Professor Markus Löbrich an der TU Darmstadt im Rahmen einer Studie untersucht, die soeben im renommierten Wissenschaftsmagazin Nature Cell Biologie veröffentlicht wurde. In dieser Studie, an der auch Arbeitsgruppen der University of California und der University of Texas beteiligt waren, konnte mit dem so genannten POLθ-mediated end-joining (TMEJ) ein Reparaturmechanismus identifiziert werden, der für die Doppelstrangbruch-Reparatur in BRCA2-mutierten Zellen hauptverantwortlich ist. Wird dieser Prozess gezielt ausgeschaltet, verbleiben Doppelstrangbrüche in BRCA2-mutierten Zellen unrepariert, was zum Absterben der Krebszellen führt. Darüber hinaus konnten die Forschenden zwei Faktoren identifizieren, welche den TMEJ-Prozess regulieren, nämlich RAD52 und BRCA2 selbst. Wird RAD52 nun in BRCA2-mutierten Zellen ausgeschaltet, läuft der TMEJ-Weg fehlerhaft ab, wobei es zur Ausbildung von Fusionen zwischen verschiedenen Chromosomen kommt, die ebenfalls zum Zellsterben beitragen.

Originalpublikation

Marta Llorens-Agost, Michael Ensminger, Hang Phuong Le, Anugrah Gawai, Jie Liu, Andrés Cruz-García, Sarita Bhetawal, Richard D. Wood, Wolf-Dietrich Heyer and Markus Löbrich: “POLθ-mediated end joining is restricted by RAD52 and BRCA2 until the onset of mitosis”. In: Nature Cell Biology (2021)

DOI: 10.1038/s41556-021-00764-0

Ansprechpartner

Dr. Michael Ensminger

Fachbereich Biologie

Löbrich Lab: Radiation biology and DNA repair

Tel.: 06151/16-24624

E-Mail: ensminger@bio.tu-darmstadt.de

Über die TU Darmstadt

Die TU Darmstadt zählt zu den führenden Technischen Universitäten in Deutschland und steht für exzellente und relevante Wissenschaft. Globale Transformationen – von der Energiewende über Industrie 4.0 bis zur Künstlichen Intelligenz – gestaltet die TU Darmstadt durch herausragende Erkenntnisse und zukunftsweisende Studienangebote entscheidend mit.

Ihre Spitzenforschung bündelt die TU Darmstadt in drei Feldern: Energy and Environment, Information and Intelligence, Matter and Materials. Ihre problemzentrierte Interdisziplinarität und der produktive Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik erzeugen Fortschritte für eine weltweit nachhaltige Entwicklung.

Seit ihrer Gründung 1877 zählt die TU Darmstadt zu den am stärksten international geprägten Universitäten in Deutschland; als Europäische Technische Universität baut sie in der Allianz Unite! einen transeuropäischen Campus auf. Mit ihren Partnern der Rhein-Main-Universitäten – der Goethe-Universität Frankfurt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – entwickelt sie die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main als global attraktiven Wissenschaftsraum weiter.

www.tu-darmstadt.de

MI-Nr. 68/2021, Ensminger/cst

TU Darmstadt
Kommunikation und Medien
Karolinenplatz 5
64289 Darmstadt
 
presse@tu-darmstadt.de

Twitter: @TUDarmstadt

More stories: Technische Universität Darmstadt
More stories: Technische Universität Darmstadt
  • 06.10.2021 – 11:05

    Start-up der TU Darmstadt Xelera erobert einen boomenden Markt – in Echtzeit

    Sie liefern den Turbo für die IT Xelera erobert einen boomenden Markt – in Echtzeit Darmstadt, 06. Oktober 2021. Eine hochspezifische technische Expertise, eine akribische Analyse des Marktes und eine kundennahe Produktentwicklung nach dem Prinzip Push and Pull: Das im Paket erklärt den Erfolg der Xelera Technologies GmbH. Das mit Unterstützung des Innovations- ...

  • 28.09.2021 – 14:54

    Effizient und langstreckentauglich

    TU Darmstadt: Forschungsprojekt DE4LoRa entwickelt universelles hochintegriertes 800 V-Hybridfahrzeug Darmstadt, 28. September 2021. Forschungsteams der TU Darmstadt entwickeln zusammen mit Industriepartnern einen Antrieb für ein Hybridfahrzeug bestehend aus zwei Elektromotoren und einem emissionsminimierten Erdgasmotor. Das Vorhaben im Rahmen des Projekts DE4LoRa wird mit rund 6,4 ...

  • 28.09.2021 – 12:00

    Technologischer Durchbruch bei Energie-effizienten Teilchenbeschleunigern

    Erfolgreiches Experiment an der TU Darmstadt Darmstadt, 28. September 2021. An der TU Darmstadt ist der weltweit erste Betrieb eines supraleitenden Linearbeschleunigers mit zweifacher Energie-Rückgewinnung gelungen. Das Experiment am Elektronen-Linearbeschleuniger der Universität (S‑DALINAC) wies nach, dass eine extreme Einsparung von Beschleunigerleistung ...