Märkische Oderzeitung: Platzeck bedauert Probleme in deutsch-polnischen Beziehungen
Frankfurt/Oder (ots)
In einem Gastbeitrag für die "Märkische Oderzeitung" zu den deutsch-polnischen Beziehungen äußert Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sein Bedauern über zunehmende Probleme in der Zusammenarbeit mit den Nachbarland. So komme man in der Öffnung zusätzlicher Grenzübergänge nicht weiter. Die finanzielle Unterstützung für das Jugendwerk dürfe nicht zurückgefahren, sondern müsse auf das Niveau des deutsch-französischen Austauschs erhöht werden. Zugleich spricht sich Platzeck für einen "ehrlichen Umgang mit geschichtlichen Belastungen" aus. Vertreibung sei zuerst auch eine polnische Erfahrung des Zweiten Weltkriegs. Die Vorsitzende des Vertriebenenbundes, Erika Steinbach finde mit ihren "inakzeptablen Äußerungen" keine Unterstützung in der großen Mehrheit der deutschen Politik. Platzeck sagt wörtlich: "Ich erwarte - nicht zuletzt auch von der Kanzlerin - in diesem Zusammenhang klare Aussagen zu den vermeintlich deutschen Positionen. +++
2. Wortlaut-Auszüge aus dem Beitrag von Platzeck: Wir sehen doch schon jetzt, dass wir uns als gemeinsame Region schneller entwickeln können als die deutsche oder polnische Grenzregion allein: So haben wir 2003, in dem Jahr vor Polens EU-Beitritt, einen Warenaustausch zwischen Brandenburg und Polen in Höhe von insgesamt 1 Milliarde Euro erwirtschaftet. Heute erreichen wir das in einem halben Jahr. Und der Warenaustausch entwickelt sich schneller als unser jeweiliges Bruttoinlandsprodukt. Das zeigt, dass wir von offenen Grenzen mehr profitieren als von Abschottung. Umso bedauerlicher finde ich, dass sich neben den derzeitigen Schwierigkeiten zwischen Warschau und Berlin in letzter Zeit auch immer mehr Probleme für brandenburgische Projekte ergeben. So kommen wir z. B. in der Frage der Öffnung zusätzlicher Grenzübergänge nicht weiter. Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen setzt einen ehrlichen Umgang mit den geschichtlichen Belastungen voraus. Wir müssen uns klarmachen, dass der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff auf Polen begann, bevor er mit den Ergebnissen der Potsdamer Konferenz endete. Es ist eine grausame Ironie der Geschichte, dass das erste Opfer des Zweiten Weltkrieges sich nach Westen verschoben sah und Territorium verlor. Vertreibung ist damit zuerst auch eine polnische Erfahrung. Die inakzeptablen Äußerungen der Vorsitzenden des Vertriebenenbundes, Frau Steinbach, mit denen sie sich aus dem deutsch-polnischen Dialog verabschiedete, machen deutlich, dass diese Erkenntnis noch lange nicht Allgemeingut ist. Ich erwarte - nicht zuletzt auch von der Kanzlerin - klare Aussagen zu den vermeintlich deutschen Positionen. Es ist meine Überzeugung: Frau Steinbach findet keine Unterstützung in der großen Mehrheit der deutschen Politik. Dieses gilt auch für die absurden Forderungen der "Preußischen Treuhand". Gerade vor dem Hintergrund der gemeinsamen historischen Erfahrungen ist die erste Bilanz des deutsch-polnischen Jugendwerkes umso höher zu werten. Umso weniger verstehe ich Gerüchte, es gebe starke Vorbehalte auf der polnischen Seite gegen die Arbeit des Jugendwerkes. Wenn nach polnischer Lesart das bilaterale Verhältnis u. a. an dem mangelnden Verständnis der deutschen Seite für die polnische krankt, dann ist die Arbeit dieser Institution gerade in beiderseitigem Interesse. Ich appelliere an die polnische Seite, nicht den leisesten Verdacht aufkommen zu lassen, man würde die Unterstützung für das Jugendwerk zurückfahren. Das Gegenteil müssen wir erreichen. Ich sehe persönlich die Notwendigkeit, das deutsch-polnische Jugendwerk in mittlerer Frist finanziell ebenso auszustatten wie das deutsch-französische. Die Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Frankreich zeigen, welche Potenziale das konsequente Setzen auf die Jugend birgt. Wir sollten mit allen Kräften daran arbeiten, die Erfolgsgeschichte des DPJW fortzusetzen und wir sollten die Unterstützung von allen Seiten verlangen - von der deutschen und der polnischen Politik, der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft. +++
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