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Entwurf „Netzentwicklungsplan 2035 Strom“ hält Klimaziele nicht ein

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Pressemitteilung

Freiburg/Berlin, 17. März 2021

Entwurf „Netzentwicklungsplan 2035 Strom“ hält Klimaziele nicht ein

Der Netzentwicklungsplan 2035 Strom hält in seinem ersten Entwurf, den die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber Ende Januar vorgelegt haben, die vorgegebene CO2-Emissionsobergrenze nicht ein. Das Öko-Institut hat den Plan kommentiert, in dem neue Wechselstrom-Trassen, Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Korridore und Wind-Offshore-Anbindungen festgelegt werden.

Erstmals hat der Netzentwicklungsplan einen zeitlichen Planungshorizont bis 2040 und nicht wie bisher bis 2035. Daraus ergeben sich höhere Klimaschutzziele. Dies spiegelt sich in dem Anteil der erneuerbaren Energien (EE) von etwa 75 Prozent der Bruttostromnachfrage wider. Die CO2-Emissionsobergrenze für das Jahr 2040 legt der Netzentwicklungsplan bei 60 Millionen Tonnen CO2 fest.

Diese Grenze hält der Netzentwicklungsplan (NEP) selbst allerdings nicht ein: statt der avisierten 60 Millionen werden 84 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Die Mehremissionen werden als Bedarf an CO2-neutralem Brennstoff in entsprechender Höhe ausgewiesen. Doch der NEP beantwortet weder die Frage nach der Art des CO2-neutralen Brennstoffs – Wasserstoff oder Biomasse – noch nach dessen Herkunft – inländisch erzeugt oder importiert. Auch die Option, die Einsparung der CO2-Emissionen durch Carbon Capture and Storage (CCS), also die unterirdische Einspeicherung von CO2, zu erreichen, bleibt offen. Die daraus resultierenden Mehrkosten werden nicht in der Marktmodellierung berücksichtigt.

Der Netzentwicklungsplan mündet alle vier Jahre in das Bundesbedarfsplangesetz. Dort wird die Notwendigkeit von Netzausbauvorhaben gesetzlich manifestiert. „Der diesjährige NEP geht noch nicht ins Gesetz ein. Hoffen wir, dass wir bis zum nächsten NEP noch einige Verbesserungen erzielen“, sagt Senior Researcher Franziska Flachsbarth.

Machbarkeit nicht nachgewiesen

Die Machbarkeit des Szenarios kann nicht nachgewiesen werden: Weder die Verfügbarkeit des CO2-neutralen Brennstoffs kann sichergestellt, noch damit verbundene etwaige Nutzungskonflikte berücksichtigt werden. „Insofern muss das Szenario so interpretiert werden, dass es die Klimaschutzziele der Bundesregierung nicht einhält“, sagt Flachsbarth.

CO2-Emissionsobergrenze zu hoch angelegt

Ein weiterer Kritikpunkt in der Kommentierung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Öko-Instituts ist die Bemessung der CO2-Emissionsobergrenze: Der European Green Deal verschärft den CO2-Minderungspfad für Deutschland. Die Studie „Klimaneutrales Deutschland“ zeigt, wie dies auf die deutschen Sektoren herunter gebrochen werden könnte. Für die Energiewirtschaft ergibt sich ein Treibhausgas (THG)-Emissionsminderungspfad von 74 Millionen Tonnen bis zum Jahr 2035 und 45 Millionen Tonnen bis 2040. Damit hinkt der NEP den aktuellen Klimaschutzzielen der Bundesregierung erneut hinterher, und die Netzplanung basiert auf zu wenig ambitionierten Klimaschutzszenarien. An diesem Punkt erhält der Vorschlag des Öko-Instituts, das Stromnetz vom Ziel her zu planen, eine neue Dringlichkeit. Das heißt: Es wäre zielführender, von ambitionierten Szenarien mit 100 Prozent erneuerbaren Energien auszugehen und dann davon rückwärts zu rechnen, welche der Zielnetz-Leitungen ab wann gebraucht werden.

Überschüsse der erneuerbaren Energien einplanen statt abregeln

„Der vorgelegte Netzentwicklungsplan setzt an einer weiteren wesentlichen Stelle auf einer falschen Basis auf“, sagt Franziska Flachsbarth. „Er erweckt den Anschein, dass der Zubau von EE-Anlagen ab einem EE-Anteil von weniger als 75 Prozent nicht mehr viel bringt, da hohe Abregelungsmengen entstehen. Dabei liegt das an einem Fehler in der grundsätzlichen Modellierungsweise der dezentralen Flexibilitäten im NEP.“

Hintergrund ist, dass der NEP hohe EE-Überschüsse für das Szenario 2040 ausweist. Darin werden etwa 20 Prozent des Stroms aus den zwischen 2035 und 2040 neu zugebauten EE-Anlagen einfach abgeregelt, da er nicht genutzt werden könne. Denn er lasse sich nicht zur Deckung der inländischen Stromnachfrage nutzen, da zu viel EE-Strom da sei. Er lasse sich aber auch nicht ins Ausland verkaufen, da auch dort „zu viel“ erneuerbarer Strom erzeugt wird.

„Das Modell basiert viel zu sehr auf der alten Welt der konventionellen Kraftwerke“

Das Modell basiert viel zu sehr auf der alten Welt der konventionellen Kraftwerke“, sagt Expertin Franziska Flachsbarth. „Wenn wir in der Modellierung des NEP allerdings die Wärmepumpen und die Elektromobilität richtig einsetzen, dann hätten wir weniger EE-Abregelung.“

Würden diese dezentralen Flexibilitäten auch auf Marktanreize wie den Strompreis reagieren und die Maxima der Residuallast reduzieren, anstelle nur der Last, so wären die EE-Überschüsse bereits geringer ausgeprägt als im NEP angegeben. Die Residuallast ist die Last abzüglich der EE-Einspeisung in jeder Stunde.

Auch im Ausland könne man diese Flexibilitätsoptionen einbauen, was zur Integration aller erzeugten EE in ganz Europa beitragen würde. „Da muss der NEP nochmal arbeiten, um das besser abzubilden.“

„Kommentierung des ersten Entwurfs des Netzentwicklungsplans Strom 2035 (Version 2021)“ des Öko-Instituts

Studie „Klimaneutrales Deutschland“ von Öko-Institut, Prognos und Wuppertal Institut

Vorschlag des Öko-Instituts, das Stromnetz vom Ziel her zu planen: „Kommentierung des Szenariorahmens NEP 2019-2030“ des Öko-Instituts 2018

Ansprechpartnerin am Öko-Institut

Franziska Flachsbarth

Senior Researcher im Institutsbereich

Energie & Klimaschutz

Öko-Institut e.V., Geschäftsstelle Freiburg

Telefon: +49 761 45295-289*

E-Mail: f.flachsbarth@oeko.de

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