Deutscher Philologenverband e.V.
Philologenverband weist Kritik an angeblich zu frühem Übertrittszeitpunkt auf weiterführende Schularten nach der vierten Klasse zurück
Berlin (ots)
DPhV-Vorsitzender hält Bericht von Munoz in vielen Punkten für nicht nachvollziehbar
Als "dünnen kalten Kaffee" und als in vielen Punkten für nicht nachvollziehbar hat der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, die heute vom UN-Menschenrechtsbeauftragten Vernor Munoz aus Costa Rica geäußerte Kritik am deutschen Bildungswesen bezeichnet. Munoz habe bei seinem dreitägigen Deutschlandsbesuch vor mehreren Monaten von Anfang an den Eindruck erweckt, dass er nicht gekommen sei, um sich zu informieren, sondern um unter Zugrundelegung einer vorgefertigten Meinung zu kritisieren.
Bereits bei der mündlichen Anhörung sei manche Ansicht des UN-Beauftragten auf Kopfschütteln gestoßen, wie beispielsweise jene, dass die in Deutschland forcierte Öffnung von Schulen hin zu Gesellschaft und Wirtschaft der Korruption von Lehrern und Schulleitern Vorschub leiste.
"Die Spitzenleistungen von Bundesländern wie Bayern bei PISA bei gleichzeitiger hoher Kompetenzvermittlung an bildungsferne Schichten und Migrantenkinder sowie die Tatsache, dass inzwischen 43 Prozent der Schüler das Abitur nicht über das Gymnasium, sondern beispielsweise über das berufliche Schulwesen erreichen, wurden leider von Herrn Munoz nicht zur Kenntnis genommen. Außerdem widerspricht dessen Kritik an der Schulstruktur eindeutig den Feststellungen aller namhafter deutscher PISA-Forscher, die in der Verbesserung der Unterrichtsqualität und in verstärkter individueller Förderung den Schlüssel zu besserer Bildung in Deutschland sehen und nicht in Schulstrukturänderungen", so Meidinger.
Mit großer Verwunderung hat der Deutsche Philologenverband zudem die Behauptung des ifo-Bildungsexperten und Aktionsratsmitglieds Ludger Wößmann zur Kenntnis genommen, in der Berliner sechsjährigen Grundschule gelinge die Förderung sozial schwächerer Schüler besser. Meidinger sagte wörtlich: "Dass das Berliner Schulsystem, das bei PISA zusammen mit Bremen die mit Abstand schlechtesten Ergebnisse erzielte, als Vorbild für andere Bundesländer hingestellt wird, kann in der Tat bei jedem, der die Bildungslandschaft in Deutschland kennt, nur Kopfschütteln auslösen." Der DPhV-Chef erinnerte daran, dass Wößmann als Mitglied des Bildungsaktionsrats vor wenigen Wochen noch eine Studie herausgebracht habe, in der an dem jetzt in Deutschland üblichen Übertrittszeitpunkt unter Einbeziehung einer zweijährigen verpflichtenden Vorschule ausdrücklich festgehalten werde.
Ausdrücklich wies Meidinger auf die ausführliche Studie hin, die in Deutschland in den 90-er Jahren das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin unter Leitung von Prof. Baumert zum Vergleich der Schulleistungen von Kindern nach sechsjährigem und vierjährigem Grundschulbesuch erstellt hat. Darin heißt es: "Bei einem Vergleich der Schulleistungen (von Gymnasiasten der 7.Jahrgangsstufe) in Mathematik, Englisch und Deutsch zeigten sich hier beträchtliche Leistungsnachteile bei den Kindern, die eine sechsjährige Grundschule (Berlin, Bremen) besucht hatten, im Unterschied zu den Übergängern nach Klasse 4 in den anderen Bundesländern."
"Es bleibt natürlich eine Hauptaufgabe der Politik und der Schule, die Bildungs-chancen bildungsferner Schichten zu verbessern. Dazu sind in erster Linie eine bessere gesellschaftliche Integration von Migranten, mehr Ganztagsschulen und eine vermehrte individuelle Förderung erforderlich", sagte Meidinger.
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