Saarbrücker Zeitung: Hans-Böckler-Stiftung kritisiert Mindestlohn-Kompromiss - Nur ein paar zehntausend Begünstigte
Saarbrücken (ots)
Der jüngste Koalitionskompromiss zum Mindestlohn wird nach Einschätzung des gewerkschaftsnahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung nur für die wenigsten Niedriglohnempfänger zu Einkommensverbesserungen führen. "Allenfalls ein paar zehntausend Beschäftigte werden dadurch in den Genuss Existenz sichernder Löhne kommen", sagte der WSI-Tarifexperte Thorsten Schulten der "Saarbrücker Zeitung" (Donnerstag-Ausgabe). Nach seinen Angaben gelten in Deutschland zwischen sieben und acht Millionen Menschen als Niedriglohnempfänger. Etwa drei Millionen davon seien Vollzeitbeschäftigte.
Die große Koalition hatte sich darauf geeinigt, dass Entsendegesetz für weitere Branchen zu öffnen. Dadurch könnte die Regierung den von den Tarifpartnern ausgehandelten Lohn in der untersten Gehaltsgruppe für allgemeinverbindlich erklären. Voraussetzung ist, dass mindestens 50 Prozent der Beschäftigten einer Branche bereits tariflich gebunden sind.
"Das große Problem ist, dass die Branchenverbände zum Teil selbst nicht wissen, wie viele Beschäftigte bei ihnen zu tarifvertraglichen Bedingungen arbeiten", erläuterte Schulte. Mit "einiger Sicherheit" könnten die Entsorgungswirtschaft und die Leiharbeitsbranche vom Entsendegesetz profitieren. Dagegen sei etwa die Post ein Sonderfall, weil es im Bereich der privaten Postanbieter keine Tarifverträge gäbe. "Die politische Voraussetzung, um ins Entsendegesetz zu kommen, ist nur für zwei bis drei Branchen gegeben", meinte Schulten.
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