Verband der Insolvenzverwalter: Rahmenbedingungen zum Erhalt insolventer Unternehmen müssen verbessert werden - Qualitätskriterien für Insolvenzverwalter stärken
Nürnberg (ots)
Die Rahmenbedingungen zur erfolgreichen Sanierung insolventer Unternehmen standen im Mittelpunkt der Frühjahrstagung des Verbandes der Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (VID), die dieses Wochenende in Bad Neuenahr stattgefunden hat. Der Verband engagiert sich besonders für das konsequentere Anwenden der Sanierungsinstrumente, die in der Insolvenzordnung für zahlungsunfähige Unternehmen vorgesehen sind. "Zahlreiche der fast 40.000 im vergangenen Jahr insolvent gewordenen Unternehmen hätten so zumindest in ihren wirtschaftlich gesunden Teilen gerettet werden können", begründet Dr. Siegfried Beck, Vorsitzender des VID. So hätten zahlreiche gefährdete Arbeitsplätze gesichert werden können. VID-Mitglieder verwalteten im vergangenen Jahr deutschlandweit etwa die Hälfte aller insolventen Unternehmen mit mehr als 100 Arbeitsplätzen.
Berufsrichtlinien sichern Qualität
Ein weiterer zentraler Diskussionspunkt der Frühjahrstagung war die Definition verbindlicher Qualitätsstandards für Insolvenzverwalter. Zurzeit beteiligt sich der Verband aktiv an der Ausarbeitung von Berufsrichtlinien. Diese sind notwendig geworden durch einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. August 2004. Das höchste deutsche Gericht hatte darin die Tätigkeit des Insolvenzverwalters als eigenständigen Beruf anerkannt und verlangt, dass die Kriterien des Zugangs zu diesem Beruf durch ein Vorauswahlverfahren objektiviert werden. "Verbindliche Berufsrichtlinien sind ein wesentliches Instrument zur Qualitätssicherung der Arbeit von Insolvenzverwaltern", erklärt Dr. Beck dazu. "Einem Insolvenzverwalter werden fremde Vermögensinteressen anvertraut. Vom Erfolg seiner Tätigkeit hängen persönliche Schicksale, Arbeitsplätze und die Existenz von Betrieben ab."
VID: Verspätete Insolvenzanmeldungen gefährden Arbeitsplätze
Ein wichtiges Instrument sind dabei so genannte Insolvenzplanverfahren, wie sie das Insolvenzrecht seit 1999 ermöglicht. Insolvente Betriebe können damit in Eigenverwaltung weitergeführt, Arbeitsplätze und Vermögenswerte gerettet werden. "Unsere Erfahrung zeigt: Oft warten die betroffenen Unternehmen und deren Berater viel zu lange, bis sie einen Insolvenzantrag stellen und damit den Einsatz des insolvenzrechtlichen Sanierungsinstrumentariums möglich machen", kritisiert Dr. Beck. "Das ist unverantwortlich: den Gläubigern, aber natürlich auch den in dem jeweiligen Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegenüber, deren wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel steht."
Auf ihrer Frühjahrstagung unterstrichen die VID-Mitglieder, dass für die Bestellung eines Insolvenzverwalters das grundgesetzlich geschützte Gläubigerinteresse maßgeblich sein muss. Der VID-Vorsitzende Dr. Beck: "Es darf nicht zugelassen werden, dass die Insolvenzverwaltung zum Übungsfeld für Neueinsteiger oder zum geschützten Betätigungsfeld solcher Berufsträger wird, die - aus welchen Gründen auch immer - den hohen Qualitätsanforderungen nicht mehr genügen. Die Bestellung von Insolvenzverwaltern muss das Ergebnis einer Bestenauswahl sein, bei der Ausbildung, praktische Erfahrung und die Möglichkeit des Einsatzes eines qualifizierten Mit-arbeiterstabes des Ausschlag geben. Die bloße formale Qualifikation als Rechtsanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Kaufmann genügt jedenfalls nicht."
Gesetzgeber zieht Gesetzesinitiative nach VID-Stellungnahme zurück
In einer aktuellen Diskussion über die Anfechtungsmöglichkeiten im Insolvenzverfahren hat sich der VID jetzt gegenüber einem geplanten Gesetzgebungsverfahren der Länderfinanzministerien durchsetzen können. Der Gesetzgeber wollte erreichen, dass Finanzämter und Sozialkassen künftig im Insolvenzverfahren vorrangig mit Zahlungen bedient werden. Der Hintergrund: Insolvenzverwalter können vor einem Insolvenzantrag erfolgte Zahlungen wieder rückgängig machen, mit denen sich Gläubiger in Kenntnis der Insolvenzreife des Schuldners Vorteile vor anderen Gläubigern verschafft haben. Das betrifft vor allem den Fiskus und die Sozialkassen, da sie selbst vollstrecken und so erheblichen Druck auf die Schuldner ausüben können. Ein Vertreter des Bundesjustizministeriums bestätigte jetzt auf der Tagung, dass vor allem eine umfassende Stellungnahme des VID den Gesetzgebungsprozess gestoppt hat. "Wir begrüßen diesen Schritt und werden selbstverständlich unser Know-how bei einer eventuellen Novellierung von Teilen der Insolvenzordnung einbringen", kommentiert Dr. Beck. "Insolvente Unternehmen müssen durch die Möglichkeit zur Anfechtung von Zahlungen weiterhin geschützt werden - das sichert ihnen Liquidität zur Fortführung des Geschäftsbetriebes und zum bestmöglichen Erhalt der Arbeitsplätze."
Über den VID
Der VID ist ein Zusammenschluss von Insolvenzverwaltern, die bei einem oder mehreren Insolvenzgerichten in Deutschland seit mindestens fünf Jahren als Unternehmensinsolvenzverwalter tätig sind. Zurzeit hat der Verband 327 Mitglieder - darunter auch Insolvenzrichter als außerordentliche Mitglieder.
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