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Online-Musikverbreitung in Europa möglicherweise illegal
Popkomm-Diskussion: Internationale Phono-Industrie fordert effizientere Verwertungsgesellschaften und zentrale Vergabe von Rechten

Berlin (ots)

Die Musikindustrie braucht effizientere
Rechte-Verwertungsgesellschaften, um die Verbreitung von Musik im
Internet zu fördern. Es müsse geregelt werden, wie ein Anbieter die
Rechte zur weltweiten Verbreitung eines Musikstücks zentral bei einer
Gesellschaft erwerben könne (One-Stop-Shop). Das forderten Vertreter
der nationalen und internationalen Phono-Industrie und digitaler
Medien (gestern, 15. Sept.) auf einer von der Sozietät Nörr
Stiefenhofer Lutz und dem Erich Pommer Institut veranstalteten
Podiumsdiskussion im Rahmen der Musikmesse Popkomm.
Vorbild sind die USA. Dort erzielten Online-Musikshops 2004 einen
Umsatz von mehr als 200 Millionen Euro. In Westeuropa waren es nur 27
Millionen Euro. Dr. Peter Zombik, Geschäftsführer des Bundesverbands
der phonografischen Wirtschaft, führte dies auf den stärkeren
Wettbewerb der dortigen Verwertungsgesellschaften und eine
übersichtlichere Vergabe der Rechte zurück. In ganz USA gibt es drei
Gesellschaften. In Westeuropa gibt es in jedem Land eine, weltweit
mehr als 70.
Adressat der Forderung ist die EU-Kommission. Eigentlich war
geplant, dass ein Vertreter der Behörde ein am 15. August
veröffentlichtes Papier zur zukünftigen Regelung der
Online-Verbreitung von Musik vorstellt. Die Kommission zog ihre
Zusage jedoch kurz vor der Veranstaltung zurück.
Dabei tut Abhilfe not. Seit Ende vergangenen Jahres steht die
Online-Verbreitung von Musik auf einem bröckligen rechtlichen
Fundament. Damals liefen die Abkommen von Santiago und Barcelona aus.
Darin war geregelt, dass eine Gesellschaft zentral die Rechte zur
Online-Verbreitung weltweit vergeben kann. Der Content-Anbieter
musste sich die Lizenz allerdings bei der Verwertungsgesellschaft des
Landes holen, in dem sein Unternehmen seinen Sitz hat
("Consumer-Allocation"-Klausel). Deutsche Content-Anbieter mussten
also zur Verwertungsgesellschaft Gema gehen.
Gegen diese Monopolstellung meldete die EU-Kommission Bedenken an.
Deswegen konnten die Abkommen nicht verlängert werden. Seit Anfang
dieses Jahres muss ein Anbieter sich deshalb theoretisch Lizenzen
aller nationalen Verwertungsgesellschaften einholen, um ein
Musikstück im Internet verbreiten zu können. Praktisch ist das kaum
handhabbar. Die Folge: Musikstücke werden von europäischen
Content-Anbietern formaljuristisch betrachtet möglicherweise illegal
verbreitet.
Die Lösung sieht die große Mehrheit der Diskussions-Teilnehmer in
einer Abschaffung der "Consumer-Allocation"-Klausel. Das bedeutet:
Eine Verwertungsgesellschaft kann zentral die Rechte für die
weltweite Online-Verwertung vergeben. Der Käufer kann sich aber
aussuchen, bei welcher Verwertungsgesellschaft er dieses Recht
erwirbt. Damit kann er Unterschiede bei Gebühren und Service der
Gesellschaften als Einkaufsvorteile nutzen. Der Künstler muss aber
nach wie vor sein Recht bei seiner nationalen Verwertungsgesellschaft
anmelden.
Einzig Ralf Peer II, Managing Director des führenden unabhängigen
Musikverlags Peermusic aus Richmond, USA, befürwortete das
amerikanische Modell ungezügelten Wettbewerbs zwischen den
Verwertungsgesellschaften. Jeder Künstler solle sich aussuchen
dürfen, von welcher Verwertungsgesellschaft er sein Recht schützen
lassen will. Und nur diese Gesellschaft kann das Recht auch
verkaufen. Dann setzen sich die besten durch. Dabei dürfte die
deutsche Gema nach seiner Meinung gute Chancen haben.
Der Nutzer muss dann allerdings erst herausfinden, bei welcher
Verwertungsgesellschaft er das Recht zur Verbreitung eines bestimmten
Musikstücks einkaufen kann. Außerdem kann die Verwertungsgesellschaft
Urheber ablehnen, von denen kein Umsatz zu erwarten ist. Am Ende
eines solchen Ausleseprozesses unter den Verwertungsgesellschaften in
den USA blieben von einer Vielzahl die drei heute bestehenden übrig.
Für Horst Weidemüller, Geschäftsführer des Independent-Labels K7,
würde dieses Modell jedoch das Ende der unabhängigen Musikproduzenten
bedeuten. Wenn wirtschaftlicher Erfolg unsicher sei, fände sich keine
Verwertungsgesellschaft bereit, die Rechte von Musikern zu schützen.
Wes Himes, Geschäftsführer des Europäischen Verbandes digitaler
Medien, und Prof. Dr. Johannes Kreile, Moderator der Runde und
Partner der internationalen Sozietät Nörr Stiefenhofer Lutz
resümierten deshalb: Die EU müsse dringend eine europäische Regelung
anbieten, die Urheber schützt und gleichzeitig die Effizienz der
Verwertungsgesellschaften steigert, damit der europäische
Online-Musikmarkt Anschluss an die USA findet.

Pressekontakt:

Dr. Michael Neumann
NOERR STIEFENHOFER LUTZ
Rechtsanwaelte Steuerberater Wirtschaftspruefer - Partnerschaft
Brienner Str. 28
80333 Muenchen / Germany
Tel. ++49 (0) 89-28 628-226 / Mobil: ++49 (0) 171-12 51 428
Fax ++49 (0) 89-28 01 10
E-Mail: michael.neumann@noerr.de

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