Neue OZ: Kommentar zur Insolvenz von Karmann
Osnabrück (ots)
Wut im Bauch
Die Menschen in Osnabrück sind geschockt. Das Traditionsunternehmen Karmann hat gestern Insolvenz angemeldet. Mehr als 3000 Arbeitnehmer fragen sich warum? Doch nicht nur das. Auch die Frage nach der Verantwortlichkeit drängt sich auf. Zunächst ist da die Geschäftsführung, die in den vergangenen Jahren die Zeichen der Zeit nicht erkannt hat und notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen nicht vornahm. Die Automobilindustrie ist schon lange im Umbruch - aber auch Karmann hat die Signale des Marktes zu spät gehört. Zu lange ist an der Abhängigkeit von den großen Autobauern festgehalten worden. Ein Fehler der Unternehmensführung, die nicht nur in diesem Punkt versagte.
Versagt hat die Karmann-Führung ebenso beim Krisenmanagement der vergangenen Monate. Statt die Belegschaft ehrlich und offensiv über die wirtschaftliche Situation zu informieren, wurde geschwiegen und taktiert. Die Wahrheit sagte niemand. Im Gegenteil: Noch vor gut einer Woche wurden finanzielle Engpässe verharmlost, die Belegschaft hingehalten, bis gestern, als die Insolvenz bekannt gegeben wurde. Von sozialer Verantwortung der Gesellschafter keine Spur.
Die Enttäuschung, ja die Wut der Karmann-Beschäftigten über das Management kann jeder verstehen, der die Entwicklung der vergangenen Wochen kennt. Denn jetzt trifft es die, die Karmann 20, 30 oder noch mehr Jahre die Treue gehalten haben und die das Unternehmen zu dem gemacht haben, was Karmann einmal war. Sie stehen im Moment mit leeren Händen da - keine Abfindung, keine Transfergesellschaft, keine wirkliche Perspektive für ihre Zukunft. Und die Politik? Auch sie hat viel versprochen und nur wenig gehalten. Finanzielle Unterstützungen fielen bisher gering aus, geweckte Hoffnungen in neue Aufträge für den Fahrzeugbau blieben unerfüllt. Lippenbekenntnisse. Das war's. Zu wenig, um ein Traditionsunternehmen wie Karmann zu retten. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung. Der Insolvenzverwalter hat viel zu tun.
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