Neue OZ: Kommentar zu Pro Reli
Osnabrück (ots)
Chance vertan
Die Zahlen sind eindeutig: Trotz Unterstützung von Spitzenpolitikern und TV-Moderatoren hat es in Berlin nicht gereicht für eine Aufwertung des Fachs Religion. Es gab immerhin 346000 Befürworter - aber fast doppelt so viele wären nötig gewesen. So festigt Berlin seinen Ruf als Hauptstadt des Atheismus. Die Befürworter von Pro Reli müssen eine bittere Niederlage einräumen. Sie haben verloren gegen einen Senat, der mit allen Mitteln gekämpft hat. Auch einen kostengünstigeren Abstimmungstermin gemeinsam mit der Europawahl am 7. Juni verhinderte die Landesregierung. Das hätte vermutlich die Wahlbeteiligung erhöht.
Doch es ist müßig, dies nachträglich zu beklagen. Bedauerlicher ist, dass die Berliner eine große Chance vertan haben. So bleibt Religion abgedrängt auf Randstunden.
Die Befürworter von Pro Reli konnten nicht genügend klarmachen, dass vom Religionsunterricht auch ein weltanschaulich neutraler Staat profitiert. Denn er lebt, wie der Verfassungsrichter Böckenförde formuliert hat, von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Er braucht Bürger, die sich intensiv mit Fragen nach dem Sinn des Lebens beschäftigen. Ethik - jedenfalls so, wie es in Berlin gelehrt wird - kann das nicht ausreichend leisten. Bei der Religion ist es wie beim Lernen einer Fremdsprache: Erst werden Vokabeln und Grammatik einer einzigen Sprache gebraucht, nicht allgemeine Sprachkenntnisse.
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