Neue OZ: Kommentar zu Affären
Kundus
Bundeswehr
Osnabrück (ots)
Abstoßend und ärgerlich
Wer von kriegsähnlichen Zuständen an Kundus und Spree spricht, der überspitzt, trifft aber den Kern. Die Debatte über den von einem Bundeswehr-Offizier befohlenen Luftschlag vom 4. September, bei dem in Afghanistan bis zu 142 Menschen getötet wurden, entwickelt eine ungute Eigendynamik. Geht es um den Schutz von Zivilisten am Hindukusch? Geht es um Zweifel am Ziel und an rechtlichen Grundlagen dieses Einsatzes? Nein. Existenzielle Fragen bleiben ohne Antwort. Ein Verteidigungs-Staatssekretär verweist in der Fragestunde des Bundestags auf Geheimhaltungspflichten. Ein wortkarger Kanzleramtsminister reizt die Opposition.
Die Kanzlerin schweigt. Dabei hätte Obamas Mut zur Ansage, wie und ob es am Hindukusch weitergeht, auch ihr gut angestanden.
So steigert sich das Jagdfieber der Opposition. Kann sich Karl-Theodor zu Guttenberg als Verteidigungsminister halten? Diese Frage ersetzt ernsthafte Diskussion und erhält übergroßes Gewicht. Politik beschäftigt sich mit sich selbst - wie abstoßend und ärgerlich. Zu Guttenbergs Problem: Ausgerechnet er, der wortgewandt komplexeste Sachverhalte bündelt, stellt bisher nicht glaubwürdig dar, warum er das Bombardement am Kundus am 6. November für angemessen, vier Wochen später aber für unangemessen hält, obwohl keine neuen Fakten auf den Tisch gelangten. Das Problem der SPD: Sehr fadenscheinig stiehlt sie sich aus der Afghanistan-Verantwortung. Sie will den Minister in ihrer Trophäensammlung sehen. Frohe Weihnachten? Für zu Guttenberg nicht.
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