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Neue OZ: Kommentar zu Literatur
Geschichte
Stasi

Osnabrück (ots)

Schnüffel-Schreiber, ärgert euch!
Den neuen Grass hat die Stasi geschrieben. Was für eine Volte! 
Dass der Nobelpreisträger nun seine eigene Geheimdienstakte als Buch 
edieren lässt und kommentiert, ist ein souveräner Hakenschlag. Mit 
eleganter Ironie wendet Grass das Dokument staatlicher 
Übergriffigkeit ins Gegenteil: Mit der Überwachung raubte der 
Geheimdienst seinen Opfern Privatheit, Intimsphäre und die Oberhoheit
über das eigene Bild. Grass holt sich das nun alles zurück, indem er 
gerade an dem Spitzelwerk seine publizistische Überlegenheit 
demonstriert. Jetzt ist die Akte sein Buch. So werden die von den 
Zeitläuften abgehängten Schlüsselloch-Gucker noch einmal blamiert. 
Hoffentlich ärgern sie sich ordentlich darüber.
Als Beitrag zur Literaturgeschichte ist das Buch allerdings höchst
ambivalent. Der Überwachungsstaat mag pedantisch gewesen sein. Doch 
was immer die Spitzel sich auch zusammengedichtet haben, 
Geschichtsschreibung war es gewiss nicht. In Berichte offizieller und
informeller Geheimdienstmitarbeiter schreibt sich alles Mögliche ein:
Die Neurosen eines ideologischen Staates, das ganz eigene 
Kunstverständnis einer Behörde und - natürlich - die Wichtigtuerei 
und der berufsbedingte Verfolgungswahn der Schnüffel-Schreiber. Wer 
den Grass-Band liest, sollte also im Hinterkopf behalten: Stasi-Akten
dokumentieren immer nur eines: sich selbst.

Pressekontakt:

Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion

Telefon: 0541/310 207

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