Neue OZ: Kommentar zu Affären
Kirchen
Missbrauch
Osnabrück (ots)
Fragwürdiges Sonderrecht
Über Stil und Form der Kritik von Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger an der katholischen Kirche lässt sich streiten - in der Sache liegt die FDP-Politikerin richtig.
Die Richtlinien der Bischofskonferenz sind unzureichend, um eine rückhaltlose Aufklärung des Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche zu gewährleisten. Die Bischöfe haben ein Sonderrecht geschaffen, nach dem sie Verdachtsfälle behandeln wollen. Die Vorschriften kollidieren aber mit den allgemeingültigen Grundsätzen des deutschen Strafrechts. So tritt nach den kirchlichen Leitlinien bei Vorwürfen des Missbrauchs zunächst ein interner Ermittler auf den Plan, der in "erwiesenen Fällen" zur Selbstanzeige raten soll oder die Staatsanwaltschaft hinzuziehen kann. Damit maßt sich die Kirche an, was Sache der Justiz ist: Sofern ein Anfangsverdacht vorliegt, ist die zuständige Staatsanwaltschaft zu informieren. Sie hat den Sachverhalt zu ermitteln und zu bewerten - objektiv und unparteiisch.
Die Bischofskonferenz wäre gut beraten, sich nicht länger hinter fragwürdigen Richtlinien zu verschanzen. Zudem sollten die Bischöfe den Mut für einen Runden Tisch finden, an dem Betroffene und Kirchenvertreter sich um den schwierigen Ausgleich erlittenen Leids bemühen. Es wären wichtige Signale an Opfer und Gesellschaft, dass die katholische Kirche nichts beschönigen oder vertuschen will.
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