Neue OZ: Kommentar zu Prozesse
Serbien
Karadzic
Osnabrück (ots)
Der Zukunft zugewandt
Nah an Hitlers "seit fünf Uhr fünfundvierzig wird zurückgeschossen" hat Radovan Karadzic seine Verteidigung vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal mit dem Verdrehen der historischen Wahrheit eingeleitet. Was belegt: Der Krieg dieses Ex-Präsidenten der bosnischen Serben mag fast 15 Jahre her sein; ihm den Prozess zu machen bleibt indes eine in die Zukunft gewandte Aufgabe.
Die Aussöhnung im früheren Jugoslawien wird schließlich ebenso wie der Staat Bosnien-Herzegowina so lange Stückwerk bleiben, bis der Wahrheit Genüge getan ist. In der Form, dass die Urheber der schlimmsten Gräuel abgeurteilt sind. Unbestreitbar gehört zu dieser Wahrheit, dass der kroatische Nationalismus in seinem Fanatismus dem serbischen nicht nachstand. Ebenso, dass sich alle Kriegsparteien mit dem Blut ihrer Nachbarskinder, Kolleginnen, Mannschaftskameraden besudelt haben.
Doch aus alledem ragt Karadzic heraus: Das Srebrenica-Massaker, die Folterzentren Keraterm und Omarska, die Vergewaltigungslager fallen in seine Verantwortung. Sein Blutrausch war es, der ihn letztlich sogar von seinem Förderer und Bruder im Ungeiste, dem serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, entzweite. An den Anklägern liegt es nun, Karadzics Lügen zu kontern. Und zwar so, dass es nach rechtsstaatlichen Maßstäben zu einer schweren Strafe für den Hetzer reicht.
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