Neue OZ: Kommentar zu Literatur
Osnabrück (ots)
Wer soll das verstehen?
Suhrkamp verliert den Nobelpreisträger. Das mag einer Bieterschlacht geschuldet sein, ist dem breiten Lesepublikum aber dennoch nicht zu vermitteln. Das Haus der großen, ja der weltweit geschätzten Autoren dankt ab. Dieser Eindruck hat sich mit dem Verlust Vargas Llosas nun in fataler Weise verfestigt.
Der Umzug Suhrkamps von Frankfurt nach Berlin mag ein Zeichen gewesen sein. Andere Veränderungen wiegen weit schwerer. Der Verlag, der mit seinem Programm über Jahrzehnte das intellektuelle Profil der Bundesrepublik mit kartiert hat, nimmt es mit Anspruch und Sorgfalt offenbar nicht mehr so genau. Die Beschwerde der Erben von James Joyce, der Abgang von Autoren wie Martin Walser oder Daniel Kehlmann, der Verlust von Fachkräften - ein großes Erbe wird am zuverlässigsten mit vielen kleinen Gesten der Nachlässigkeit verspielt.
Solche Prozesse nehmen ihren Ausgang allerdings auch nicht allein in den Führungsetagen eines Verlagshauses. Ein Blick in eine Kettenbuchhandlung genügt, um wahrzunehmen, wie sehr sich Verkaufsformen und Leseverhalten gewandelt haben. Das Sortiment Suhrkamps forderte ein Publikum, das lesen und diskutieren wollte. Heute kommt es nur noch auf Bücher an, die wie Hypes platziert werden. Die Wahrnehmung wird flüchtiger. Das Wissen auch. Dazu passt ein Wandel, wie ihn Suhrkamp jetzt womöglich durchläuft.
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