Neue OZ: Kommentar zu Brasilien
Katastrophen
Osnabrück (ots)
Es trifft vor allem die Armen
Noch graben sie nach den Vermissten. Stündlich kommen neue Schreckensmeldungen aus den Katastrophengebieten nahe der Millionen-Metropole Rio. Das ganze Land nimmt Anteil. Schön wäre es, wenn auch die internationale Unterstützung den Überlebenden etwas Kraft gäbe.
Die Schlammlawinen haben nicht haltgemacht in den Vorstädten. Sie sind auch mitten hineingefahren in das Selbstverständnis des Landes. Brasilien gilt neben China als kommende Großmacht. Das liegt vor allem am rasanten Wirtschaftswachstum. Zu Recht sind viele Brasilianer stolz darauf. Zugleich offenbart die Katastrophe die nach wie vor extremen sozialen Unterschiede. Erwischt haben die Schlammlawinen vor allem die Armen, die oft in brüchigen Behausungen an den Stadträndern leben. Das rasante Tempo der Industrialisierung lässt sie vom Land in die Metropolen ziehen, wo die Elendsviertel wuchern.
Brasiliens neue Präsidentin Dilma Rousseff hat die politische Dimension der Katastrophe sofort erkannt. Zügig stellte die Regierung Finanzhilfe bereit. Auch überflog die Präsidentin die Katastrophengebiete - mehr ist wegen der anhaltenden Gefahr bisher nicht möglich. Rousseff zeigt Präsenz, sie engagiert sich. Das ist nicht nur gut für die Tausenden Überlebenden, deren Zukunft in vielen Fällen völlig ungewiss ist. Es zeigt auch, wie sehr das Land in den vergangenen Jahren politisch gereift ist.
Georg Kern
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