Neue OZ: Kommentar zu Verkehr
Bahn
Stuttgart 21
Osnabrück (ots)
Auge um Auge
Nicht einmal eine Woche ist es her, dass der Protest gegen Stuttgart 21 nachhaltig friedlich zu verlaufen schien. Die Deutsche Bahn hatte wieder angefangen, an ihrem Bahnhofsprojekt zu bauen, und die Gegner demonstrierten zivilisiert dagegen. Doch seit der jüngsten Montagsdemonstration ist die überwunden geglaubte Gewaltbereitschaft wieder zutage getreten: Eine Handvoll Randalierer stürmte die Baustelle, zerstörte Fahrzeuge und verletzte einen Polizisten schwer im Gesicht.
Dieser Akt ist verachtenswert und zu verurteilen. Der Fall erinnert spiegelverkehrt an den überharten Polizeieinsatz vom 30. September 2010, bei dem ein Mann sein Augenlicht verlor. Auge um Auge, Zahn um Zahn darf nie zur Anleitung werden, schon gar nicht im Streit um einen Bahnhof der Zukunft. Wie einst der alteingesessene Mann in China, der sich mit Furor gegen Bulldozer wehrte, die sein Haus für die Errichtung eines neuen Viertels plattmachen sollten, gingen einige Demonstranten vor. Der sachlich berechtigte Widerstand gegen Stuttgart 21 hat sich verselbstständigt und Frustrierte der Gesellschaft erfasst.
Als Konsequenz aus diesem beschämenden Abend sollte die große Mehrheit der Gegner bei der gewaltlosen, teils intelligenten Linie bleiben. Die Polizei muss leider ihre Präsenz am Kopfbahnhof verstärken. In fast allen Facetten erweist sich das Verkehrsvorhaben als Trauerspiel.
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