Neue OZ: Kommentar zu Kultur
Musik
Beethoven
Osnabrück (ots)
Der Bildschirm ist eine wutfreie Zone
Eine der beliebtesten Beethoven-Anekdoten hat unmittelbar mit der Frage von Original und Reproduktion zu tun: die Widmung auf dem Titelblatt der Eroica. Den Namen des ursprünglichen Widmungsträgers Napoleon Bonaparte hat Beethoven so wütend ausradiert, dass an der Stelle fast ein Loch prangt, kein Faksimile kann das überzeugend wiedergeben. Das kann einzig und allein das Original.
In unserer digitalen Zeit kommt uns das Gefühl für den Wert eines Originals abhanden: Fotos, Schriftstücke, Musikaufnahmen lassen sich dank digitaler Technik verlustfrei kopieren, das Original hat seinen einzigartigen Stellenwert, seine Aura eingebüßt. Heute hätte Beethoven die Widmung mit wütenden Klicks gelöscht, aber selbst wenn darüber die Tastatur zu Bruch gegangen wäre: Auf dem Bildschirm erschiene das Dokument frei von Wut und Zorn. Daraus muss man nun nicht den Niedergang jeglicher Kultur ableiten; die "Eroica" zählt so oder so zu den größten Schöpfungen der Menschheit. Aber das Beispiel kündet von der Einzigartigkeit des Originals, und vom Respekt, den es verdient.
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