Neue OZ: Kommentar zu Parteien
Aschermittwoch
Osnabrück (ots)
Weg mit dem Brauch
Bier floss in Strömen, der Schweiß auch: Mit hochrotem Kopf und sich überschlagender Stimme zerlegte beim Aschermittwoch CSU-Grande Franz Josef Strauß seinen Männerfreund Helmut Kohl und ganz nebenbei auch den Rest der Welt. Über 30 Jahre ist es her, gefühlt ist es ein Jahrhundert. Solche Raufbolde wie Strauß gibt's nicht mehr. Dieser Politiker-Typus ist ausgestorben, was nicht wirklich zu bedauern ist. Warum also fragwürdige Bierzelt-Rituale pflegen? Was auf dem Viehmarkt in Vilshofen als großer Diskurs zu Beginn der Fastenzeit begann, ist zur Polit-Abrechnung im Dutzend verkommen, alle Parteien ledern gnadenlos los. Nur die Piraten versuchen ein Anti-Programm, aber ihr Spott über die Unfähigkeit der etablierten Parteien war so originell wie eingeschlafene Füße.
Politischer Kehraus heute, das heißt Kräutertee im Bierseidel und das Aufwärmen alter Reden. Neu war bei FDP-Chef Philipp Rösler nur, dass er kein Weißwürstchen sein will. Grünen-Guru Wilfried Kretschmann dozierte mal wieder wie im Volkshochschulkurs. SPD-Chef Sigmar Gabriel taugte noch am ehesten zum Bierzelt-König, auch weil sein CSU-Konterpart Horst Seehofer sich diesmal präsidiale Fesseln anlegte. In der Ödnis einer mecklenburgischen Mehrzweckhalle konnte auch Kanzlerin Angela Merkel nicht Brillanz entfalten. Also weg mit dem Aschermittwoch-Brauch, inzwischen wird sowieso ganzjährig geholzt.
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