Neue OZ: Kommentar zu Israel
Grass
Osnabrück (ots)
Überzogene Reaktion
Überzogen, unnötig, entlarvend: Israels Reaktion auf das Gedicht "Was gesagt werden muss" von Günter Grass ist eines demokratischen Staates nicht würdig. Zwar kann ein souveränes Land selbst entscheiden, wer in seinen Grenzen zu Gast sein darf und wer nicht. Das Einreiseverbot für Grass wirkt jedoch kleinlich und intolerant. Wie peinlich.
Der Literaturnobelpreisträger mag mit seiner Einschätzung der politischen Weltlage vollkommen danebenliegen. Nun unterstreicht aber ausgerechnet Israels Regierung selbst mit ihrer Maßnahme die politische Relevanz eines drittklassigen Gedichts. Denn mit dem Einreiseverbot stellt sie ihr Land so dar, wie Grass es sehen will, als Heimstatt unversöhnlicher Aggressivität.
Dabei muss Grass bei aller berechtigten Kritik an seiner Position eines zugestanden werden: Er äußert sich als Schriftsteller, nicht als Politiker oder Diplomat. Grass darf einseitig sein, wo andere, gerade in ihren verbalen Äußerungen, den Ausgleich suchen müssen. Literatur darf zur Sprache bringen, was ansonsten hinter Kompromissformeln verborgen bleibt. Das ist ihr Recht und ihre Pflicht.
Literaten müssen deshalb aber auch strengen Maßstäben genügen. Ihre Provokationen haben erhellend zu sein, indem sie Wahrheit zutage fördern. Genau das leistet Grass nicht. Sein Gedicht strotzt nur so vor Verdrehungen. Der Autor sollte dennoch reisen dürfen, wohin er will. Auch nach Israel.
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