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Neue OZ: Kommentar zu Inzest-Urteil der Straßburger Richter

Osnabrück (ots)

Inkonsequent

Wenngleich Inzest fraglos falsch ist, verwundert das Urteil der Straßburger Richter. Denn gerecht ist der deutsche Inzest-Paragraf, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nun bestärkt hat, nicht.

Losgelöst von der moralischen Debatte um Inzest, offenbart Paragraf 173 des Strafgesetzbuches gravierende Mängel. So ist er zunächst einmal inkonsequent, weil er weder alle Familienmitglieder noch alle Formen sexuellen Kontakts umfasst: Gleichgeschlechtliche Geschwister dürfen einander ebenso lieben, wie Oral- oder Analverkehr erlaubt ist. Geht es bei Paragraf 173 also nur um die Vermeidung von Erbkrankheiten, die bei Inzest wahrscheinlich sind? Dann müsste auch Menschen mit angeborenen Erbkrankheiten oder Behinderungen verboten werden, Kinder zu zeugen. Das Gesetz widerspricht somit gleich zweifach dem Grundsatz der Gleichbehandlung.

Wenn Inzest aber grundsätzlich verboten werden soll, muss dies klar und diskriminierungsfrei verankert sein. Der Schutz der Familie und des Kindeswohls ist ein gewichtiges Argument, das ein solches Verbot rechtfertigt. Drei Jahre Haft wie im Leipziger Fall aber sind deutlich überzogen. Eine zivil- statt strafrechtliche Verfolgung wie etwa in Frankreich dürfte ausreichen. Zu bedenken bleibt aber auch, dass Inzest ohnehin extrem selten ist. Wenn er dann geahndet wird, muss dies auf einer unanfechtbaren juristischen Grundlage geschehen.

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