Neue OZ: Kommentar zu Kultur
Hochhuth
Osnabrück (ots)
Bloß keine Redeverbote
Nach dem Holocaust kann es in Deutschland kein unbefangenes Reden über Israel geben. Wer sich darauf einlässt, auch wenn es nach bestem Wissen und Gewissen geschieht, der muss einem möglichen Vorwurf des Antisemitismus sensibel begegnen. Ganz einfach, weil ungeheuere, über Generationen fortwirkende Verletzungen dahinterstehen.
Zum lauteren Umgang mit der Geschichte gehört es aber auch, das Wort vom Judenhass nicht als Mittel zum Zweck zu missbrauchen. Wenn Hochhuth die ganze Akademie der Künste zu Antisemiten erklärt, um als vermeintlich letzter Rechtschaffener den Saal zu verlassen, dann muss der Holocaust offenbar in der unangemessensten Weise für die Selbstdarstellung eines Einzelnen herhalten.
Besonders ärgerlich ist, dass hier eine Diskussion noch vor dem ersten Wort verhindert werden sollte, ausgerechnet mit dem Antisemitismus-Vorwurf. Der Rassenhass der Nazis vermengte sich stets mit einer Aversion gegen das als Zersetzung geschmähte analytische Denken. Auch wer zornige Redeverbote erteilt, begibt sich also in unheilvolle Traditionen.
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