Neue OZ: Kommentar zu Ägypten
Osnabrück (ots)
Mammutaufgaben warten
Für mehr als 50 Millionen wahlberechtigte Ägypter ging gestern ein historisches Ereignis zu Ende: Zum ersten Mal seit dem Sturz Husni Mubaraks im vergangenen Jahr durften sie an den Urnen über ihr Staatsoberhaupt abstimmen. Es war ein Akt der Freiheit nach beinahe drei Jahrzehnten unter dem Dauerpräsidenten Mubarak. Die langen Schlangen vor den Wahllokalen ließen erahnen, wie sehnsüchtig das Volk diesen Tag herbeigewünscht hat.
Alle Freude über den demokratischen Erfolg darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, wie viel im nachrevolutionären Ägypten im Argen liegt. Denn selbst wenn - vermutlich nach einer Stichwahl Mitte Juni - ein neuer Präsident feststeht, ist noch völlig unklar, welche Befugnisse er haben wird: Bisher fehlt dem Staat eine neue Verfassung.
Ein Gericht hatte die Versammlung, die das Grundgesetz ausarbeiten sollte, im April gestoppt, weil das Gremium nicht repräsentativ für die ägyptische Gesellschaft sei. Seitdem gibt es keine Fortschritte, ein Zeichen dafür, wie wenig in Ägyptens Demokratie bislang rund läuft.
Die Querelen sind Wasser auf die Mühlen des Militärrates, der seit Mubaraks Rücktritt an der Macht ist und an dieser nur zu gerne festhalten würde. Das neue Staatsoberhaupt wird daher den Balanceakt meistern müssen, die Militärs einerseits bei Laune zu halten, ihren Einfluss auf eine zivile Regierung andererseits aber zu begrenzen. Eine der Mammutaufgaben, die geschicktes Taktieren und Fingerspitzengefühl verlangt.
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