Neue OZ: Kommentar zu Ägypten
Osnabrück (ots)
Der Präsident muss kompromissfähig sein
Zeitenwende in Ägypten: Acht Jahrzehnte nach ihrer Gründung stellen die Muslimbrüder erstmals das Staatsoberhaupt im bevölkerungsreichsten arabischen Land. Der neue Präsident Mohammed Mursi wird am Nil zwar nicht gleich die Scharia einführen. Aber der trockene Konservative hat bereits angekündigt, den Staat auf ein "islamisches Fundament" stellen zu wollen. Was immer das heißt.
Jeden Schritt Mursis wird der immer noch mächtige Militärrat mit Argusaugen verfolgen. Eine Konfrontation der Anhängerschaften beider Lager ist schon jetzt nicht ausgeschlossen. Die Atmosphäre in Kairo ist gespannt, die Polizei hat ihre Präsenz verstärkt. Auch der Westen blickt mit Skepsis und Sorge auf die Entwicklung in Ägypten.
Richtig frustrierend muss die Lage aber erst für die liberalen und jungen Revolutionäre sein: Sie hatten im vergangenen Jahr für Freiheit und Demokratie gekämpft, Diktator Husni Mubarak aus dem Amt gejagt - und mussten sich nun in der Stichwahl um die Präsidentschaft zwischen Pest und Cholera entscheiden. Die Mehrheit von ihnen stimmte schließlich gegen Ahmed Schafik, weil sie in dem Expremier einen Vertreter des verhassten Regimes sahen.
Will Mursi dem Land dienen, muss er auf seine politischen Kontrahenten zugehen und eine kompromissfähige Regierung anstreben. Das ist auch schon deshalb nötig, um dem von Revolution, Wirtschaftskrise und Kriminalität geschwächten Land Stabilität und Ordnung zurückzugeben.
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