Neue OZ: Kommentar zu Russland
Justiz
Menschenrechte
Osnabrück (ots)
Auch in Deutschland
Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft": Dieser Passus stammt nicht aus russischen Gesetzen, sondern aus deutschen. Es ist der Paragraf 166 im Strafgesetzbuch.
Wenn also spärlich bekleidete, maskierte Frauen vor einem Altar tanzen und Religion wie Staat verhöhnen, könnten sie sich in Deutschland ebenfalls erhebliche Probleme einhandeln. Über die freie Meinungsäußerung ginge ein solcher Auftritt gegebenenfalls hinaus, ebenso wie er offenbar nicht als anderes Delikt wie Beleidigung, Landfriedensbruch oder Volksverhetzung verhandelt werden kann.
Eine Lehre aus dem Prozess in Moskau könnte demnach lauten, den Blasphemie-Paragrafen in Deutschland abzuschaffen und im Fall von Religionen Maßstäbe anzulegen, wie sie für alle anderen Bereiche des Lebens auch gelten. Das wäre zumindest konsequenter, als die drei russischen Aktivistinnen über das gebotene Maß hinaus zu bedauern. Sie wussten, was ihnen drohte. Sie riskierten es vielleicht sogar genau deshalb. Bei der Urteilsverkündung lachten sie. Denn sie konnten in diesem Prozess nur gewinnen: entweder die Freiheit oder die maximale Wirkung ihrer Aktion.
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